
©Silke Becker
Maria Grava
Der Lieblingssendung gebannt folgen, die neuesten Mails checken oder der Freundin die kalten Füße massieren: Die Liste der allabendlich ausgeübten Tätigkeiten in deutschen Betten könnten wir an dieser Stelle noch bis auf Seite 52 fortsetzen. Machen wir aber nicht. Viel lieber stellen wir Maria Grava vor, deren Gedanken in heimischen Federn vor wenigen Wochen nicht der Glotze und auch nicht ihrem Smartphone galten, sondern unverschuldet in Not geratenen Personen in ihrer Heimat.
Dass ihre nächtliche Spontanidee Anfang Mai dieses Jahres derartig durch die Decke gehen würde, ja damit hatte die 28-jährige Strietwälderin nun wirklich nicht gerechnet. Dabei wollte sie nur im ganz Kleinen Gutes tun und für eine Familie aus ihrem privatem Umfeld, die bei einem Wohnungsbrand alles verloren hatte, Spenden sammeln. Ein Aufruf bei facebook war schnell gestartet, „das Prinzip solcher Hilfsgruppen kannte ich schon“, erklärt Maria. „Doch mit einem solchen Erfolg hätte ich nie gerechnet!“
So einfach das Vorhaben, so unbürokratisch und zeitgemäß die Umsetzung. In der facebook-Gruppe„Helping Hands in und um Aschaffenburg“ werden die unterschiedlichsten Sachspenden mittels Auktionen versteigert. Der Meistbietende lässt anschließend den Betrag einem der drei Projekte zukommen, die die Gruppe unterstützt und bekommt nach Übersendung des Zahlungsbelegs sein Produkt ausgehändigt oder zugeschickt. Entscheiden muss man sich momentan zwischen drei regionalen Aktionen: Entweder man sendet seine Summe an den jungen Waldaschaffer Samuel, der an Muskelschwund leidet und dessen Familie jeden Cent in den behindertengerechten Umbau des Hauses sowie des Autos investiert. Oder aber man unterstützt den ebenfalls gehandicapten Jordan, der eine kostenintensive Delphintherapie anstrebt. Tierfreunden geht indes bei Option Nummer drei das Herz auf: Der Leidersbacher Verein Aktion Sorgenkatzen e. V. kümmert sich um verwilderte Felltiger. Für Medizin, Kastrationen und gefüllte Näpfe freuen sich die fleißigen Helfer über jeglichen Betrag.
„Bei uns kann man also mit gutem Gewissen shoppen“, lacht Maria. Moment – bei uns? Da die Gruppe so schnell wuchs, sprangen ihr alsbald die 38-jährige Michaela Wan Yee John aus Damm sowie die 27-jährige Bettina Sommer aus Schaafheim zur Seite. Während Maria nach wie vor für die Kontrolle der Finanzen zuständig ist und Ersteigertes verschickt, ist Michaela die Person, die facebook-Posts absetzt und ebenfalls Pakete auf die Reise schickt. Das Sammeln von Spenden steht auf der Agenda beider Damen. Bettina hingegen ist für den Bereich Schaafheim verantwortlich und flitzt dort zu Personen, die Dinge zur Verfügung stellen möchten.
Ungefähr zwei Stunden pro Tag investiert Maria zur Zeit in ihr Hilfsprojekt. „Wir können noch zahlreiche helfende Hände gebrauchen“, erklärt sie, „wir haben nämlich noch einige Projekte im Hinterkopf!“ Zudem sucht das Dreigespann dringend Lagerfläche, denn momentan warten alle Objekte bei Maria und Michaela zuhause auf neue Besitzer. Und da kann es auch schon mal vorkommen, dass Michaela ausrückt, um mit einem ganzen Auto voller Puzzles zurückzukehren …
Mittlerweile ruft das Trio Thementage aus, die breit gefächert sind – von Dekobedarf über Wintersportartikel bis hin zu Büchern, Kleidung oder Gutscheinen. Auf die Auktionen, die mittags starten und bis circa 21–22 Uhr laufen, folgen solche für Nachtschwärmer. Startpreise werden bewusst niedrig gehalten, „damit das Steigern auch jedem Spaß bereitet“. Knapp 4.000 Euro sind bislang zusammengekommen, schätzt Maria. Eine Summe, die sie stolz macht, ebenso wie die Anzahl der Personen, die ihrer facebook-Gruppe bislang beigetreten sind: „Über 1.000 Leute, die wie ich an die Sache glauben“, freut sich die 28-Jährige, verabschiedet sich und hinterlässt den Beweis dafür, dass des Nachts nicht nur Schnapsideen geboren werden.
Sammelstellen für Sachspenden: Schnipp-Schnapp-Schnäppchen, Lange Straße 2, AB-Damm & Boutique Luma, Frankfurter Straße 12, Seligenstadt