
© Michael Seiterle
ARIWA
Natürlich hat jeder sofort Klischees und Vorurteile im Kopf. Wie stellt man sich den aktiven Teil der Rhein-Main-Ortsgruppe von Animal Rights Watch, einem bundesweit tätigen Verein für Tierrechte, vor? Was sieht man da vor seinem inneren Auge? Batik-T-Shirts? Verfilzte überlange Haare, blasse, ausgemergelte Haut? Der Habitus leicht im Sozialpädagogischen, die Gesprächsführung mit Tendenz zum gehauchten missionarisch-grundsätzlichen Weltbeschützertum? Mitnichten!
Steffen, Anja und Heiko sind ganz normal. Ein Vertriebler, eine Optikerin und ein Informatiker, die sich für Tierrechte einsetzen. Nicht mehr und nicht weniger. Die Drei aus dem Aschaffenburger Umland treffen sich regelmäßig zum Tierrechtsstammtisch mit Gleichgesinnten, um gemeinsam Aktionen zu planen und sich für die Rechte der Tiere einzusetzen.
Vorab sollte man da aber eines klarstellen: Für Tierrechte einstehen ist nicht das Gleiche wie Tierschutz. „Der Tierschützer will, dass es den Tieren besser geht, er setzt sich zum Beispiel für größere Ställe oder für humanere Schlachtmethoden ein. Wir Tierrechtler von Animal Rights Watch stellen aber die Tiernutzung grundsätzlich in Frage“, sagt Heiko, der übrigens sogar der Bundesvorsitzende des 1.000 Mitglieder zählenden Vereins ist. Tierrechte haben dabei viele Facetten: Es geht um Pelze, um Kritik am Reitsport, um die Ablehnung der Jagd aus ethischen Gründen und natürlich auch um die Nutzung der Tiere als Nahrungsmittel. „Das Tierschutzgesetz schränkt ein, wie man Tiere nutzen soll – wir wollen aber erreichen, dass man sie gar nicht nutzt. Da ist es ganz selbstverständlich, dass alle unsere Mitstreiter auch vegan leben“, ergänzt Heiko.
Viele sind es allerdings in der Region noch nicht. Ein knappes Dutzend Mitglieder hat die Ortsgruppe Rhein-Main von ARIWA. Gemeinsam gehen sie auf Demonstrationen. Oft sind sie dabei auch mit dem ARIWA-Infomobil unterwegs, verteilen Flyer, klären auf und zeigen Filme über Recherchen in Schlachthäusern oder Mastbetrieben. Diese Filme rütteln auf: Steffen ist zum Beispiel so zum Vegetarier geworden, als er einen Bericht über einen Ferkelzuchtbetrieb in der Region gesehen hat, bei dem die Ferkel aussortiert und dann auf dem Asphaltboden zerschmettert wurden.
Auch in Aschaffenburg sind die ARIWAs aktiv: Die letzte Aktion fand am Ostersamstag statt. Ausgerüstet mit DIN-A 1-Plakaten bildeten die ARIWA-Mitglieder eine Kette vom Herstallturm aus durch die Herstallstraße. Auf den Plakaten hatte jeder Aktivist seine Motivation zu einer veganen Lebensweise aufgeschrieben: „Ich lebe vegan weil … ich die Wahl habe.“ war zum Beispiel Steffens Statement.
Klar, dass man sich bei diesen Aktionen auch einiges anhören muss. Und „Spinner“ ist dabei mitunter noch ein harmloser Begriff. „Man wird belächelt, gemustert, ja, die Leute suchen ganz bewusst nach Fehlern, nach Makeln. Die Passanten prüfen genau, ob wir wirklich vegan sind.“ Anja fügt mit leuchtenden Augen hinzu: „Mich hat das vegane Leben bereichert: Ich fühle mich viel besser und empfinde das auch nicht als Verzicht. Mittlerweile gibt es fast alle Lebensmittel in veganer Variante – auch Schokolade, aus der man herrliche Donauwelle machen kann!“
Anja hat schon einen Vortrag in einer Bücherei gehalten und reichte dazu vegane Kostproben. „Nur so geht es“, sagt Heiko, „wir wollen die Menschen durch das Gespräch überzeugen. Gesetze nach dem Motto „Du darfst das nicht!“ bringen da gar nichts. Aber unser Ziel ist es natürlich, dass eines Tages die Ausbeutung der Tiere, ob als sogenannte Nutz-, Zoo- oder Streicheltiere oder eben als Nahrungsmittel gänzlich aufhört!“
Jeder kann mit kleinen Schritten anfangen: Öfter mal im Supermarkt nach veganen Lebensmitteln greifen, die mit der Sonnenblume gekennzeichnet sind. Oder öfter mal vegan essen gehen. Die ARIWAs empfehlen z. B. das Punjab in Aschaffenburg, die Pizzeria Vita mit veganen Pizzen und Nudelgerichten oder die Teufels Küche mit leckeren veganen Burgern.