Ist das Kunst oder kann das weg? Heutzutage wird man geradezu überschüttet von medialen Angeboten. Seien es drölf verschiedene Streamingdienste in nahezu jedem Bereich, oder tausende selbst ernannte Meisterliteraten, die meinen, sie seien der nächste Tolkien. Wer soll bei dieser Reizüberflutung noch durchblicken? FRIZZ präsentiert die neue Reihe des hauseigenen Volontärs …
Das grundlegende Prinzip
Dieser Magaziner vereint die persönlichen Favoriten in den gängigsten Kulturveröffentlichungen meiner bescheidenen Persönlichkeit. Das Konzept ist recht simpel: Jeden Monat picke ich ein von mir bereits konsumiertes mediales Gut heraus, welches ich als empfehlenswert erachte und philosophiere humoristisch aber auch analytisch über dessen Grundzüge, rezensiere die Handlung und spezifische Merkmale, die es als besonders herausstechen lassen. Inbegriffen sind dabei die Rubriken Film, Serie, Musik und Literatur. Die Kategorien sind am Konzept des Magazins orientiert. Man könnte sagen, es handele sich um ein Mini-FRIZZ. Nur halte ich mich nicht daran, ausschließlich kommende Veröffentlichungen zu besprechen. Vielmehr ist „Føbs Favourites“ als Sammlung subjektiver Schätze – egal ob 100, 50, 20 oder zehn Jahre alt – aufgebaut.
Ein bisschen was zu mir
Die meisten Leserinnen und Leser denken sich wahrscheinlich: Wer bist’n du eigentlich? Mein Name steht ja schon oben. Ich bin in meinen frühen Zwanzigern und seit Frühling 2022 als Volontär in der Redaktion von FRIZZ Das Magazin tätig. Ich textete bereits während meines Germanistik-Studiums, das ich etwas weiter den Main hinauf absolvierte, für die FRIZZen. Ich bin begeisterte(r) Leseratte, Kinogänger, Binge-Watcher und Zocker. Zum Thema Spitzname: Als kleiner Zwockel war mir „Fabi“ schon immer etwas öde – heute übrigens auch noch. Aufgrund meiner Abneigung, ist mein Rufname dann irgendwann auf „Föb“ hängengeblieben. Es streiten sich die Geister, wer diesen schlussendlich ins Leben rief. Er existiert allerdings schon so lange, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann. Seitdem nennt mich prinzipiell jeder so. Selbst manche Lehrer übernahmen ihn irgendwann in ihr Vokabular. In der internen FRIZZ-Zentrale hat sich inzwischen die Schreibweise „Føb“ mit nordischem Umlaut etabliert. Voilà! Aber genug von mir. Es geht los.
Iron Man
Für mich war der Superheldenfilm aus dem Jahr 2008 die allererste Berührung mit dem oftmals zu Unrecht verhassten und durch die Vorurteilsbrille betrachteten Genre. Für Marvel Studios war es der Start des finanziell erfolgreichsten, zusammenhängenden Filmuniversums– das Marvel Cinematic Universe „MCU“. Für Robert Downey Jr. war es zusammen mit seinen Rollen in „Tropic Thunder“ und „Sherlock Holmes“ die Rehabilitation am Himmel der Schauspielstars. Wenige Jahre zuvor fiel dieser mehrmals negativ wegen Drogendelikten auf, musste gar hinter Schwedische Gardinen. Nach diversen Entzugskuren gelang ihm die Kehrtwende auf den Pfad der Nüchternen und hinein in die stählernen Schuhe des arroganten Philanthropen Tony Stark. Dieser ist CEO eines Waffenproduzenten und wird bei einer leibhaftigen Präsentation des neuen Raketensystems im Nahen Osten von der Terrororganisation The Ten Rings entführt. Mitten im Nirgendwo halten sie das exzentrische Genie fest und zwingen ihn dazu, seinen neuen Verkaufsschlager für sie zu bauen. Gesagt, nicht getan. Aus den ihm zur Verfügung gestellten Waffen fertigt er stattdessen den ersten metallenen Ganzkörperanzug, den er mit einer Miniaturversion des Arc-Reaktors betreibt. Dieser blaue Kreis schmückt fortan die Brust des metallenen Helden, der in diversen weiteren Filmen des MCU eine tragende Protagonistenrolle spielt. Fakt ist, nicht alle Streifen des MCUs sind Meisterwerke. Auch die beiden weiteren Solofilme über Tony Stark können bei Leibe nicht das Niveau des ersten Teils halten. Dennoch schuf Produzent Kevin Feige ein Projekt, das bis heute weiterläuft und Millionen von Fans regelmäßig mit audiovisuellem Stoff versorgt. Dem gecasteten Robert Downey Jr. ist als Publikumsliebling Iron Man ebenfalls ein Großteil dieses Erfolgs anzurechnen. Zum Abschluss ein kleiner Tipp: Auch wenn „Captain America: The First Avenger“ und „Captain Marvel“ entsprechend der Handlungschronologie vor „Iron Man“ stattfinden, empfehle ich dennoch mit dem hier besprochenen Lichtspiel anzufangen, möchte man das ganze MCU durchschauen. Blickt man bei der restlichen Reihenfolge der etwa 30 Filme und neun Serien nicht mehr durch, existiert auf dem Streamingdienst Disney Plus ein nützlicher Leitfaden.
Chernobyl
26.4.1986. Sowjetunion. Heutige Nordukraine. Mit dem Supergau geschieht das eigentlich Undenkbare. Bei einer Simulationsübung explodiert der Reaktor Nummer Vier. Die Arbeiter im Kernkraftwerk sind ratlos, die Regierung und die politische Riege um Gorbatschow verkriecht sich zunächst in Resignation. Bis der Experte Walerie Legassow den Verantwortlichen das Ausmaß der Katastrophe verdeutlichen kann, ist es schon zu spät. Als die Evakuierung beginnt, sind die meisten Arbeiter, Feuerwehrmänner, Helfer vor Ort und Bewohner der nahegelegen Stadt Pripyat bereits einer immensen Menge Strahlung ausgesetzt worden. Ein Rennen mit der Zeit startet, gilt es, noch größere Katastrophen zu verhindern und die Aufmerksamkeit der internationalen Bühne zu vermeiden, denn einen solch schwerwiegenden Fehler zuzugeben, wäre ein fataler Schachzug im Kampf der Ideologien des Kalten Krieges. Der fünfteiligen Miniserie unter Leitung von Craig Mazin gelingt es, das historische Ereignis detailliert und mit höchster Qualität auf den heimischen Fernseher zu bringen. Besagter Regisseur treibt übrigens aktuell sein Unwesen mit der hoch im Kurs stehenden Serienadaption des Videospiels „The Last of Us“. Außerdem empfahl er seinen beiden Freunden und Showrunnern von „Game of Thrones“ den verhunzten ersten Versuch ihrer Pilotfolge in den finalen Zustand abzuändern, wodurch diese ein Stück Seriengeschichte erschaffen konnten. Mazin hat wohl ein Händchen für solide Serien, auch wenn seine Arbeit im Spielfilmsektor tendenziell von Mittelmäßigkeit durchzogen ist.
Schoolboy Q – Habits & Contradictions
Guter Rap ist heutzutage eine Rarität. Es existieren allerdings Lichtblicke, die ein Flämmchen der Hoffnung am Lodern halten. Quincy Matthew Hanley gehört definitiv dazu. Der Rapper wurde ursprünglich in Wiesbaden als Sohn eines amerikanischen Militärs geboren, zog aber noch im Kleinkindalter mit seiner Mutter zurück in die Staaten. Aufgrund guter Noten erhielt er irgendwann den Spitznamen Schoolboy. Nach einem Abstecher auf die schiefe Bahn entdeckte Anthony Tiffith den damals 22-Jährigen und nahm ihn beim Label Top Dawg Entertainment unter Vertrag. Dort kam er mit Kendrick Lamar, Jay Rock und Ab-Soul in Kontakt. Es folgten einige gemeinsame Viererprojekte unter dem Namen Black Hippy wie die Soloalben „Oxymoron“ und „Habits & Contradictions“. Zweiteres war mein erster Kontakt zur musikalischen Welt des Raps und enthält – meiner Meinung nach – bis heute die besten Songs von Q. Der Song „There He Go“ und das Feature mit A$AP Rocky „Hands on the Wheel“ sind einfach großartig.
Fabian. Die Geschichte eines Moralisten/Der Gang vor die Hunde
Mit Erich Kästner verbinden viele lediglich seine Kinder- und Jugendliteratur. „Das fliegende Klassenzimmer“, „Emil und die Detektive“ und „Das doppelte Lottchen“ sind schlicht und ergreifend Klassiker. Was viele nicht auf dem Schirm haben: Kästner war auch begnadeter Lyriker und Erwachsenenliterat. In seinen Gedichten und im oben erwähnten Roman konzentriert er sich auf das kritische Beäugen der gegenwärtigen Entwicklungen seiner Zeit. Jakob Fabian ist studierter Germanist und arbeitet im Berlin der späten 1920er-Jahre als Werbetexter für einen Zigarettenfabrikanten. Er ist selbsternannter Moralist in einer Großstadt voller unmoralisch Handelnden. Als Leser begleitet man den beobachtenden Protagonisten durch die Gefilde des Berlins der Goldenen Zwanziger, die gegen Ende des Jahrzehnts nicht mehr ganz so rosig sind: Arbeitslosigkeit, gerade überwundene Hyperinflation, aufkeimender Nationalsozialismus, bröckelnde Demokratie. Gerade als Fabian das Glück gefunden zu haben scheint, muss er sich mit allem auseinandersetzen, was er verabscheut und herausfinden, ob sein bisheriger Lebensstil in die Welt passt oder ob sein Umfeld das Problem ist. Die Roman-Urfassung wurde anno dazumal für unsittlich erklärt. Erst im Jahr 2013 verlegte der Kästner-Biograf Sven Hanuschek die Rekonstruktion unter dem Titel „Der Gang vor die Hunde“. Die 1931 erschienene Fassung „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“ ist ein Werk, das ich während des Studiums in einem Seminar über den Autor kennenlernte und so faszinierend fand, dass ich es als Hauptgegenstand meiner Bachelorthesis auswählte.