„Das Fest”, wie es viele liebevoll nennen, ist seit mehr als 40 Jahren einer der wichtigsten Bestandteile im Aschaffenburger Terminkalender. Dieses Mal steht dabei vor allem eines deutlich im Vordergrund: Zusammenrücken und dadurch mehr Raum für Begegnungen und Austausch schaffen. Aschaffenburg steht Fest für Vielfalt – seit 2024 trägt das Fest einen neuen Namen und der hat im Laufe des vergangenen Jahres nicht an Bedeutung und Notwendigkeit verloren. Ganz im Gegenteil – wir leben in schwierigen, unruhigen Zeiten und in einer Gesellschaft, die sich scheinbar immer stärker spaltet. Zusammenhalt, der Austausch von Generationen und Kulturen sowie ein friedliches und vielfältiges Miteinander sind dadurch aktuell wichtiger denn je und haben deshalb besonders hohe Priorität auf dem Fest. Zu sehen ist das nicht nur im Programm, sondern auch in der Struktur und Gestaltung, die das Team dieses Jahr an vielen Stellen verändert hat. Was sich entwickeln, wachsen und beständig sein soll, muss schließlich immer wieder reflektiert und an Bedürfnisse angepasst werden.
Alle Menschen verbinden – inklusiv und unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religionszugehörigkeit oder Herkunft – das möchte der Stadtjugendring als Ausrichter, und wie es der Name bereits verrät, darf die Jugend dabei definitiv nicht zu kurz kommen und ist deshalb in vielen Formen am Fest beteiligt. „Aber was möchte die Jugend denn eigentlich?” – Das hat das Team nicht sich, sondern die gefragt, um die es gehen soll und das Konzept aufgrund einer exemplarischen Umfrage mit jungen Menschen aus Aschaffenburg angepasst. Daraus erwachsen ist das Youniverse – ein in jeder Hinsicht schöner, cooler und niederschwelliger Ort für mehr (Jugend-)Kultur und Ehrenamt zum Teilhaben und Mitmachen. Dafür wurde der frühere Bereich um die Pompejanum-Bühne bedacht umgestaltet: Jetzt gibt es mehr Platz zum Chillen und selbst Aktivwerden, zum Beispiel bei diversen Tanz-, K-Pop- oder Social-Media-Workshops.

© Claus Fries
Fest für Vielfalt 2
Coronabedingt ist das Fest räumlich über die letzten Jahre immer weiter gewachsen. Dadurch konnte es als eins der ersten Festivals der Region nach der Pandemie wieder stattfinden. Mit der Zeit hat sich aber eine Menge verändert, weshalb es notwendig ist, die Platzgestaltung anzupassen, um wieder zusammenzurücken und dadurch Dialog und Begegnung zu fördern. Der Schwerpunkt liegt deshalb auf diversen Jugendverbänden, die sich mit neuen Ideen und Angeboten in einem gemeinsamen Zelt zusammenfinden. Die Wanderjugend hat sogar eine Vielfaltswanderung für das Fest auf die Beine gestellt..
Auch die Musik rückt näher an die Menschen heran und wird, beispielsweise wenn der Aschaffenburger Kneipenchor durch die Gegend zieht, mehr unter Leuten stattfinden. Das Youniverse bietet umfassenden Raum für Singer/Songwriter, Workshops und DJs wie beispielsweise dem Working Title Kollektiv. Die Kultur soll grundsätzlich mehr auf die Straße gebracht werden, weshalb es unter anderem Breakdance- und Zumba-Workshops, auch für Kinder, direkt auf dem Platz geben wird.
Auf der Schlossbühne am Main wird das Programm dieses Jahr durch mehr junge Musik und weitere Acts bereichert, ganz nach dem Motto: Ein Fest für alle – eine Bühne für alle. So startet das Wochenende am Freitagabend mit HipHop von Lowell und Samstag geht es weiter mit dem Zirkus Namenlos und dem Inklusionstheater. Außerdem gibt es wieder was auf die Ohren mit der Schulband der Ruth Weiss Schule, Songs zum Tanzen von Yegane, der Band der Alevitischen Gemeinden der Region, und Alternative Pop von Sophia Halmen mit Band.
Moderiert wird das gesamte Festprogramm auf allen Bühnen und Plätzen von dem wundervollen Team von Radio Klangbrett, Aschaffenburgs Jugendradio – junge Stimmen, die wichtige Impulse setzen. Am letzten Tag finden zum Abschluss auf der Schlossbühne unter anderem Darbietungen von der Inklusiven Stepptanzgruppe der Lebenshilfe Aschaffenburg und der Tanzgruppe CreActing statt, wodurch das vielfältige, gewollt durchmischte Programm abgerundet wird und die wichtige und notwendige Sichtbarkeit erfährt.

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Fest für Vielfalt 3
Inklusive Teilhabe für alle soll allerdings nicht nur sichtbar gemacht, sondern auch gelebt werden können, weshalb dieses Jahr tauben und gehörlosen Menschen Dolmetschende individuell zur Verfügung stehen. Zusätzlich gibt Alexander Hock zusammen mit dem Gehörlosenverein einen humorvollen und aufschlussreichen Workshop dazu, wie es ist, taub zu sein.
Apropos Verein: Auch 2025 sind wieder über 120 Gruppen, Initiativen und Vereine, die bereits in den letzten Jahren beteiligt waren, dabei und bereichern das Fest mit vielfältigen Angeboten sowie leckerem Essen und Trinken aus diversen Kulturen – und das alles mit ausgesprochen viel Herzblut.
Wer nicht nur die Stimmung genießen, sondern auch etwas lernen und intensiver teilhaben möchte, kann zum Beispiel Twerk-, Rap- oder Malworkshops besuchen. Ein außergewöhnliches Performance-Projekt bringt außerdem Die Kastenwesen e.V. mit dem Amt für Gefühle und Zusammenhalt auf das Fest für Vielfalt. Dieses etwas andere Amt macht auf seine ganz eigene, kreativbürokratische Art und Weise das emotionale Gefüge der Menschen auf dem Festival sichtbar und lässt daraus im Laufe der drei Tage Songs, Texte und unterschiedlichste Kunst entstehen, woraus eine einzigartige Inszenierung erwächst.
Das Fest ist also nicht nur ein Begegnungsort mit anderen, sondern schafft auch Raum für Begegnungen mit sich selbst. Das mag zwar nicht immer einfach, oft intensiv und manchmal auch anstrengend sein, ist aber genau deshalb umso wichtiger – „denn Fest für Vielfalt bedeutet, Wandel nicht nur auszuhalten, sondern ihn zu gestalten. Dabei ist jeder Mensch willkommen und eingeladen, mitzufeiern, mitzudenken und mitzumachen. Schließlich lebt Vielfalt von Bewegung und Zukunft entsteht dort, wo Veränderung willkommen ist“, sagt Andi Hefter, die mit der Gesamtleitung betraut ist.
Es geht also dieses Jahr auf eine gewisse Art zurück in die Zukunft, down to earth und back to the roots: Mit viel Liebe zum Detail entsteht ein Fest, das auf wunderschöne Weise dazu anregt, sich wieder auf das Wesentliche zu fokussieren und damit ein Zeichen für Hoffnung, Gemeinschaft und Zusammenhalt zu setzen. Vorbeikommen lohnt sich also mehr denn je!

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