Der in Aschaffenburg geborene Künstler Ernst Ludwig Kirchner war Mitbegründer der Künstlergruppe Brücke in Dresden, lernte seine Lebensgefährtin Erna Schilling in Berlin kennen, malte Küstenbilder auf Fehmarn, lebte und arbeitete zwanzig Jahre in Davos. Anhand seines Weges vollzieht die Ausstellung im KirchnerHAUS die künstlerische Entwicklung Kirchners nach. Dabei stehen seine Arbeiten im Dialog zueinander und zu seinen bedeutenden Lebensstationen.
Nach dem Abschluss seines Architekturstudiums in Dresden gründete Kirchner zusammen mit anderen Autodidakten die expressionistische Künstlergruppe Brücke und er wandte sich zunehmend vom Impressionismus ab, wobei sich sein Stil nach Auflösung der Gruppe weiterentwickelte. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete er sich als Freiwilliger, wobei er aufgrund eines psychischen Zusammenbruches und Medikamentenabhängigkeit den Dienst nach wenigen Monaten beendete. Nach mehreren Aufenthalten im Sanatorium in Königstein am Taunus siedelte der Künstler in die Schweiz um, wo er bis zu seinem Lebensende wohnte. In den letzten zehn Jahren seines Schaffens wurde der Stil von Kirchner zunehmend flächiger, individueller und plastischer, aber stark abstrahierend. Denn nicht nur Kirchners bewegtes Leben hat sich auf sein umfangreiches Schaffen ausgewirkt, auch seine Kunst hat sein Leben maßgeblich beeinflusst.
Das verdeutlichte bereits die dokumentarische, multimediale Ausstellung „Ernst Ludwig Kirchner. LebensSTATIONEN“ im Herbst 2020, die das Leben und Werk Kirchners in großformatigen Reproduktionen mit Hörstationen, animierten Bildern und Augmented Reality Projekten illustrierte und in den Zusammenhang der Zeit- wie Kulturhistorie brachte. Auch in der neuen überarbeiteten Schau, die um bedeutsame Originale Kirchners erweitert wird, liegt der Fokus einmal mehr auf seinen essenziellen Lebensräumen, Schaffensphasen und Schlüsselwerken, die im Geburtshaus des Künstlers präsentiert werden.
Das Herzstück der Ausstellung bilden dabei zwei Ölgemälde, „Stafelalp im Nebel“ und „Baumgrenze“, beide im Jahr 1918 entstanden, aus der Sammlung der Museen der Stadt Aschaffenburg sowie die durch den Kirchnerhaus Verein Aschaffenburg unlängst erworbene Tuschfederzeichnung „Nackte und angezogene Frau (Gerda und Erna)“ von 1915.
Diese drei Arbeiten werden erstmalig im Kirchnerhaus Museum Aschaffenburg ausgestellt. Darüber hinaus werden auch weitere Papierarbeiten aus unterschiedlichen Lebens- und Schaffensphasen des Künstlers aus der Sammlung des Kirchnerhaus Museums, den Leihgaben der Aschaffenburger Museen, aber auch aus Privatbesitz im Rahmen der Ausstellung präsentiert. So werden der Konnex und die Wirkung zwischen seiner Lebensgesichte, seinem Werk und der Zeitgeschichte deutlich. Ebenso finden sich Verweise auf die psychoanalytischen Aspekte in seinem Gesamtwerk.
Ergänzt wird die Ausstellung durch ein buntes und umfangreiches Rahmenprogramm. Am 26.2. um 14 Uhr findet eine öffentliche Führung statt. Dr. Ulrich Schüren stellt am 15.3. um 18 Uhr im Rahmen des Bibliotheksgesprächs „Kirchner in der Bibliothek des Kirchnerhauses“ Bildbände aus der Bibliothek sowie einige Originale vor und lädt zum Gespräch ein. In den darauffolgenden Monaten sind weitere diverse Veranstaltungen geplant, wie etwa der Vortrag von Dr. Dr. Bernd Wengler am 9.4. Der Psychoanalytiker und Kunsthistoriker referiert über die Krise Kirchners und Adalbert von Chamissos Wirkung auf sein Leben und Werk.
Es ist eine Schau, die diesen großartigen Aschaffenburger Künstler und all seine unterschiedlichen Facetten beleuchtet und es den Besuchern ermöglicht, ihn und seine Kunst aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.