Eder Heylands
Beinahe wäre es so gekommen, dass Julian Zange (rechts) an diesem sonnigen Morgen nicht im Labor der Eder & Heylands Brauerei in Großostheim sitzt, um mit allerlei hochkomplizierten, mikrobiologischen Verfahren die gleichbleibend hohe Qualität der verwendeten Zutaten zu bestätigen. Schließlich war er mal als Student der Archäologie eingeschrieben und hätte demzufolge diesen Sommertag kniend in irgendeiner Grube zubringen können, um mit einem kleinen Pinsel stundenlang eine römische Pfeilspitze oder ähnliches freizulegen.
Aber zum Glück hat er sich noch rechtzeitig dazu entschieden, lieber einen der vielseitigsten, spannendsten und zukunftsträchtigsten Handwerksberufe zu erlernen, die unsere Region zu bieten hat: Den Beruf des Brauers und Mälzers. Dass Julian dies aus innerer Überzeugung und mit Leidenschaft für das Berufsbild tut, beweist auch die Tatsache, dass er die volle Ausbildungszeit von drei Jahren absolviert – obwohl er aufgrund seiner Vorbildung hätte verkürzen können. Derzeit befindet er sich im zweiten dieser drei Lehrjahre, durchläuft dabei sämtliche Abteilungen der Brauerei und nimmt sich an diesem Vormittag Zeit, den FRIZZen bei einem ausführlichen Gespräch einen Einblick in seinen Alltag zu gewähren. Die Runde wird zum einen vervollständigt durch seinen Ausbildungsleiter Markus Sabel, seines Zeichens erster Braumeister der Eder & Heylands Brauerei und hauptverantwortlich dafür, dass alle 33 Produkte des Hauses so gut sind wie sie sind. Und zum anderen durch den Azubi-Kollegen Gary Boothe, der just dieser Tage seine Gesellenprüfung erfolgreich absolvieren wird.
Gemeinsam beschreiben die Drei zuerst mal das Berufsbild an sich und die Modalitäten: Pro Jahr stellt die Eder & Heylands Brauerei einen neuen Auszubildenden zum Brauer und Mälzer ein. Als Grundvoraussetzung für eine Ausbildung kann schon ein guter Quali reichen, eine Mittlere Reife oder gar Abitur machen die Sache natürlich aber nicht schlechter. Wenngleich Papier natürlich geduldig ist und Markus Sabel daher gerne Möglichkeiten eröffnet, praktische Erfahrungen auch im Vorfeld zu sammeln: „Mit Angeboten für zweiwöchige Praktikumsstellen gehen wir absolut nicht sparsam um!“ Wer also Lust hat, in den Beruf hineinzuschnuppern, wird in Großostheim mit offenen Armen empfangen und kann sich bei guten Leistungen entsprechend für das Bewerbungsverfahren positionieren. Was sollte ein künftiger Azubi noch mitbringen? „Vielfältige Interessen sind von Vorteil“, erklärt der Braumeister, „da der Beruf zahlreiche Schwerpunkte miteinander verbindet. Brauer und Mälzer benötigen Fähigkeiten in naturwissenschaftlichen Zusammenhängen und Mathematik genauso wie die Begeisterung für moderne Technik – verbunden mit einer gewissen körperlichen Belastbarkeit.“ Das allerwichtigste Kriterium fügt Sabel am Schluss hinzu: „Die innere Einstellung.“
Genau diese innere Einstellung verkörpern die aktuellen Azubis der Eder & Heylands Brauerei wie aus dem Lehrbuch. Und ihr Ausbildungsbetrieb bietet anscheinend die besten Voraussetzungen, sich selbst zu entwickeln: „Zuallererst haben wir einfach tolle Kollegen“, erzählen Gary und Julian. „Alle haben immer ein offenes Ohr, helfen bei Fragen und bringen uns viel bei.“ Ein gutes Gefühl gebe ihnen auch das Wissen, dass ihre Arbeit wichtig sei und eine dementsprechende Wertschätzung erfahre. Welche positiven Anreize das auslösen kann, zeigt das Beispiel Gary Boothe: Ursprünglich wollte er mal Bankkaufmann werden, nach einem Praktikum war bei ihm aber das Feuer für den perfekten Gerstensaft entfacht. Und zwar so stark, dass sich seine Leidenschaft für die Kunst des Bierbrauens schon längst nicht mehr auf seine Arbeitszeit in Großostheim beschränkt. Er hat sich daheim eine kleine Mikrobrauerei gebaut, in der er in seiner Freizeit tüftelt und nach dem Craft-Bier-Prinzip braut. Die Ergebnisse werden im engsten Familien- und Freundeskreis verkostet.
Das „Gesellenstück“
Da passte es natürlich wie die sprichwörtliche Faust auf’s Auge, dass die Geschäftsführung in Person von Ev Eder-Widmann mit einer gleichsam charmanten wie spannenden Idee an Markus Sabel und seine Azubis herantrat: Prinzipiell hat es sich die Eder & Heylands Brauerei auf die Fahnen geschrieben, pro Jahr drei exklusive Biere auf den Markt zu bringen, die hinsichtlich der Menge streng limitiert und somit auch nur für einen bestimmten Zeitraum im Handel erhältlich sind. Und eines dieser Biere sollte ab diesem Jahr eine Kreation des Lehrlings sein, der seine Gesellenprüfung absolvieren wird: Gary Boothe. Dieser nahm kurzerhand etwas von seiner eigenen Hauskreation mit zur Verkostung in die Firma. Nach zwei Proben bekam er von Sabel grünes Licht für sein Craft-Bier.
Die große Aufgabe bestand für Gary nun darin, das, was bei ihm zuhause im Kleinen entstanden ist, auf die Produktionsprozesse in Großostheim umzulegen. Vom gelungenen Ergebnis kann sich aktuell jeder Bierliebhaber überzeugen, denn Garys Kreation ist unter dem Namen „Gesellenstück“ im Fachhandel erhältlich. Im kommenden Jahr wird dann ein „Gesellenstück“ von Julian auf die Genießerkehlen warten. Liegt die Latte nicht sehr hoch? „Na klar, aber das ist für mich der pure Anreiz, dieses handwerkliche Niveau mit meinem Bier ebenfalls zu gewährleisten. Ich habe auch schon einige Ideen für mein Gesellenstück, bei dem es mir wichtig sein wird, die Individualität zu erhalten, gerade geschmacklich.“
Die Bierprobe
Bleibt nur noch die spannende Frage, wie das aktuelle „Gesellen-stück“ denn nun schmeckt? Antwort gibt die turnusmäßige Bierprobe, bei der die FRIZZen ausnahmsweise teilnehmen dürfen. Einmal in der Woche treffen sich drei Mitarbeiter der Brauerei im wechselnden Modus zur Blindverkostung dreier Biere. Als wichtiges Mittel der Qualitätskontrolle werden dabei geringe Mengen der eigenen Herstellung getestet – und das immer zur festen Uhrzeit um 10.30 Uhr. „Um diese Uhrzeit funktioniert der Gaumen nachgewiesenermaßen am besten“, erklärt Markus Sabel. „Wir können verschiedenste Merkmale und Werte im Labor kontrollieren – aber für einige braucht es einfach Gaumen und Nase als unbestechliche Messinstrumente.“
Bei unserer (nicht blinden) Probe wurde neben einem Weizenbock und Sabels aktueller Craft-Kreation Quartett auch das „Gesellenstück“ verkostet. Und was sollen wir sagen? Es war lecker! Gut gemacht! Gut gemacht, Eder & Heylands! Auf euer Wohl!