© Till Benzin
Fridays for Future 1
Am 15.3. wurde auch in Aschaffenburg wieder demonstriert. Zu sehen waren hunderte Schüler auf den Straßen mit Plakaten, Trommeln und einer lauten Stimme. Die Fridays-for-Future-Bewegung sorgt nicht nur bei uns in Aschaffenburg, sondern mittlerweile auf der ganzen Welt … doch von vorne.
Alles begann mit einer schwedischen Schülerin, die schon sehr früh erkannte, dass unsere Erde nach und nach in Chaos und Klimakatastrophen versinkt. Dieses Bewusstsein und Interesse hat wohl auch etwas mit dem Asperger-Syndrom zu tun, an dem sie leidet. Sie selbst sagt: „Mein Gehirn funktioniert einfach anders.“ Am 20.8.2018 schwänzte Greta Thunberg das erste Mal die Schule und protestierte vor dem Reichstag in Stockholm – und von da an jeden Freitag. Die Politiker bemerkten die Hartnäckigkeit des Mädchens und luden sie ein, auf der UN-Klimakonferenz in Polen zu sprechen. Und das tat sie. Knallhart und ehrlich. „Sie (die Politiker) sind nicht erwachsen genug, die Wahrheit auszusprechen. Auch diese Last übergeben Sie den Kindern […]. Ich will Gerechtigkeit in der Klimafrage und einen lebenden Planeten. Unsere Zivilisation wird dafür geopfert, dass wenige Menschen weiterhin sehr viel Geld verdienen können. Unsere Umwelt wird geopfert, damit reiche Menschen in Ländern wie meinem in Luxus leben können. […] Wenn wenige Kinder internationale Aufmerksamkeit erhalten, nur weil sie die Schule schwänzen, stellen Sie sich vor, was wir gemeinsam schaffen können, wenn wir es nur wollen.“ Jetzt gehen freitags tausende Schüler in Deutschland und der ganzen Welt auf die Straßen und demonstrieren für das wohl einzig Wichtige – das Überleben unserer Erde.
„Es geht um unsere Zukunft“
Nachdem der erste internationale Streik am 8.2. auch in Aschaffenburg erfolgreich war, wollte FRIZZ mehr wissen. Was sind das für Schüler, die in unserer Stadt auf die Straße gehen? Welche konkreten Ziele verfolgen sie? Drei Mitglieder der Aschaffenburger „Kern-Gruppe“ – nennen wir sie im Folgenden Greta 1, Greta 2 und Greta 3 – haben sich zu einem persönlichen Treffen bereit erklärt. Erfahren haben sie von der Bewegung aus den sozialen Medien und nachdem sie nicht an der internationalen Demonstration in Berlin teilnehmen durften, planten sie eben eine eigene für Aschaffenburg. Sehr schnell fanden sich zahlreiche engagierte Schülerinnen und Schüler zusammen, die den Tag mitorganisierten. „Es geht um unsere Zukunft“, antworten die Gretas unisono auf die Frage, warum sie sich der Bewegung anschlossen. „Wir spüren schon jetzt die Auswirkungen der Klimakatastrophe. Schlimme Stürme, extrem heiße Sommer und es wird dennoch immer wärmer. Die Polkappen sowie die Gletscher schmelzen ab. Es gibt so viele Dürreperioden und so viele Kälteeinbrüche. Und so etwas wird sich in der Zukunft noch stärker häufen. Es ist eine komplette Bedrohung der Lebensgrundlage. Die Welt läuft heiß und wenn wir so weiter machen, wird es uns SO bald nicht mehr geben.“ Der Erfolg der ersten Demo zeigt, dass dieses Thema der Jugend am Herzen liegt. „Wir haben um die 200 Schüler eingeladen. Dass sich am Ende nahezu 1.200 Menschen auf dem Stiftsplatz einfinden würden, haben wir nicht erwartet“, so Greta 2.
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Fridays for Future 4
Demonstrationsrecht vor Schulpflicht?
Die Aschaffenburger Kerngruppe von Fridays for Future besteht aus sieben Schülern, doch Unterstützung bekommen sie aus jeder Schule in der Umgebung – Gymnasien, Realschulen, Mittelschulen, Fachschulen, Oberschulen. Einmal die Woche besprechen die Hauptorganisatoren unserer Stadt per Telefonkonferenz die wichtigsten Themen. Und auch deutschlandweit wird einmal pro Woche eine Telko mit über 200 Teilnehmern durchgeführt – ganz heißes Thema sind die unterschiedlichen Situationen an den Schulen. Denn wie man sich bei einer großen Masse an schwänzenden Schülern vorstellen kann, sind die Direktoren wegen der missachteten Schulpflicht nicht so ganz von Fridays for Future begeistert. „Natürlich war uns klar, dass wir hier auf Probleme stoßen. Daher haben wir uns in Aschaffenburg auch für einen Start der Demonstration ab 12 Uhr entschieden. In anderen Städten geht es teilweise schon um 8 Uhr los“, erklärt Greta 3. Eines ist definitiv klar: Wenn die Schüler nicht schwänzen würden, würde es lange nicht so viel Aufmerksamkeit erregen. Würden Politiker wie Angela Merkel dieser Bewegung wirklich soviel Beachtung schenken? Das bleibt zu bezweifeln.
Aber was wollen die Schüler denn jetzt überhaupt erreichen? „Ganz klar: Das CO2 soll reduziert werden und zwar so schnell es geht. Ohne Rücksicht auf Profit, sondern mit Rücksicht auf das Leben“, erklärt Greta 1. Das ist der größte und wichtigste Punkt für die Fridays-for-Future-Bewegung. Unterstützend für dieses Ziel kommen aber weitere Punkte mit auf die Liste – beispielsweise in puncto Verkehrswende ein ordentlicher und bezahlbarer Ausbau des ÖPNVs und auch Umweltschutzthemen wie Mülltrennung. „Weltweit haben wir das gleiche Ziel und zwar einen gesunden, bewohnbaren Planeten.“
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Fridays for Future 3
Die Welt reagiert
Und wie nimmt die Welt Stellung zur Bewegung? Grundsätzlich gibt es ein hohes Medienaufsehen, denn Fridays for Future gibt es weltweit. Und das nähere Umfeld? Die meisten Schulen sind nicht begeistert und drohen mit Verweisen oder anderen Disziplinarverfahren. Die Schüler aber haben keine Angst und stehen zu ihrer Sache – und nicht allein. „Die meisten unserer Eltern unterstützen uns. Sie sind stolz, dass wir die Wichtigkeit dieses Themas verstehen und dafür kämpfen wollen. Zudem sind die meisten der Lehrer insgeheim auf unserer Seite“, verrät Greta 3.
Bei der Demonstration am 15.3. war das deutlich auf den Straßen erkennbar. Denn nicht nur Schüler hoben Plakate mit Demoparolen in die Luft. Auch zahlreiche Eltern und Lehrer haben sich auf dem Theaterplatz eingefunden. „Wir stehen hinter unseren Kindern. Diese Bewegung macht ihnen Mut, lässt sie selbstbewusst werden vor hunderten von Menschen zu sprechen. Und das auch noch für so ein wichtiges Thema“, erklärt eine Mutter. Ebenso ließ es sich Urban Priol nicht nehmen, während der Kundgebung ein paar unterstützende Worte an die Jugend zu richten.
Und das ist noch nicht alles. Mehr als 12.000 Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich offiziell für die Unterstützung der Fridays-for-Future-Bewegung ausgesprochen. Nachdem einige Politiker die Schüler kritisierten – à la man könne von ihnen nicht erwarten, die Zusammenhänge der Klimakrise zu verstehen, das sei eine Sache der Profis – entgegneten jetzt Experten „Wir sind die Profis und sagen: Die junge Generation hat Recht“. So fanden sich auch beispielsweise Dozenten der Technischen Hochschule Aschaffenburg am 15.3. auf dem Theaterplatz ein.
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Fridays for Future 2
Die Veränderung liegt bei uns
Nur demonstrieren und sonst nichts ändern, bringt aber leider nichts. Die Interviewgäste Greta 1, Greta 2 und Greta 3 erklären, was sie in ihrem Alltag machen, um mit gutem Beispiel voran zu gehen. „Viele in unserer Bewegung sind Vegetarier oder Veganer und die, die Fleisch essen, kaufen Bio-Fleisch aus artgerechter Haltung. Wir verzichten so gut es geht auf das „gefahren werden“ und nehmen stattdessen das Rad, den Bus oder gehen zu Fuß. Wir bauen selbst Gemüse und Kräuter im Garten an. In den Urlaub fahren wir meistens mit dem Zug. Außerdem kann man festes Shampoo für die Haare benutzen, um Plastikverpackungen zu vermeiden“, erzählt Greta 1. Darüber hinaus erzählen die Kids, dass sie überwiegend Secondhand kaufen, Gemüsenetze und Einkaufsbeutel verwenden, um auch so auf Plastik verzichten zu können. „Meine Familie hat sogar eine kleine Solaranlage auf dem Gartenhäuschen. Somit können wir wenigstens unsere elektronischen Geräte wie Handys laden“, so Greta 2.
In den Familien würde man immer wieder gemeinsam überlegen, was man noch besser machen könne. Zudem wäre es sehr auffällig, dass dieses Konsumbewusstsein nicht nur gut für die Umwelt, sondern tatsächlich auch für das Portemonnaie wäre. Schön, dass diese Familien als gutes Vorbild voran gehen. Leider reicht das aber nicht aus, denn viele machen sich über die Umwelt und das Klima keine Gedanken, sind sich der verheerenden Auswirkungen ihres ignoranten Handelns gar nicht bewusst. Genau aus diesem Grund drängen die Schüler darauf, dass die Politik ins Tun kommen muss und bis es soweit ist, gehen Schüler auf der ganzen Welt freitags auf die Straßen.
„Wir sind nicht hierhergekommen, um die Spitzenpolitiker anzubetteln. Ihr habt uns in der Vergangenheit ignoriert, und ihr werdet uns wieder ignorieren. Euch gehen die Entschuldigungen aus“, wirft Greta Thunberg den Politikern dieser Welt auf der UN-Klimakonferenz in Polen vor. „Wir sind hierher gekommen, um euch wissen zu lassen, dass Veränderung kommen wird – ob ihr es mögt, oder nicht. Die wahre Macht liegt bei den Menschen.“