
Foto: Till Benzin
DES KNIRPSES NEUE KLEIDER
Ökologisch, handgefertigt, verspielt und durch und durch retro bitte sehr: Während 0815-Mamas ihre Kinder immer noch in Fähnchen von H&M, NKD oder (und jetzt wird es ganz düster) KIK stecken, gibt es eine wachsende Schar, der es nicht völlig schnurz ist, was das eigene Fleisch und Blut den lieben langen Tag trägt. Jene Mütter stehen bei der Aschaffenburgerin Agnes Knörzer Schlange, denn die 29-Jährige entwirft mit ihrem Label nesemaus Kinderkleidung, mit der anspruchsvolle Zwerge nicht nur die eigene Oma um den kleinen Finger wickeln können.
Mit Eva lässt es sich wunderbar kuscheln. Und Charlotta hält so schön warm! Mit Marie ist allerdings nur im Sommer gut Kirschen essen … Nein, das hier ist nicht der Versuch einer Abrechnung mit den ehemals besten Freundinnen. Die drei Damen sind Namensgeberinnen für Artikel des ökologischen Kindermodelabels nesemaus. Seit knapp einem Jahr macht Agnes Knörzer nun schon kleine Damen zwischen null und acht Jahren glücklich – mit Röcken, Kleidern, Jacken, Schürzen, Schals, Mützen und sogar Bettwäsche. Eva ist zum Beispiel ein handgestrickter Loopschal aus Baby-Merinowolle, die – versteht sich – pflanzengefärbt ist. Von Charlotta wäre selbst Pippi Langstrumpf begeistert: Das kleine Jäckchen aus Schurwolle mit drei großen Knöpfen ist mittlerweile nur noch in grün zu haben, blaue oder rote Exemplare sind bereits vergriffen. „Die kleinen Stückzahlen machen jedes Teil zu etwas Besonderem“, erklärt die Designerin stolz.
Spezialisiert hat sich die ausgebildete Bekleidungstechnische Assistentin und studierte Betriebswirtin auf Produkte, die besonders Mädchenaugen zum Leuchten bringen – allerdings kommen auch Buben nicht zu kurz: Fesche T-Shirts mit gehäkeltem Traktor oder einem „Olé“ samt Fußball lassen definitiv auch Jungenherzen höher schlagen. Bei all ihren Teilen achtet die Aschaffenburgerin besonders auf eine Tatsache: Die kleinen Ladies und heranwachsenden Gentlemen wollen nicht nur schick gekleidet sein, sondern auch spielen, klettern und toben können – ohne in Klamotten zu stecken, die an Zwangsjacken erinnern. „Ich verliere niemals den Aspekt des Nützlichen aus den Augen,“ erklärt sie deshalb.
Handarbeit mit Herzblut
Einem Trend möchte sie sich auf keinen Fall unterordnen – dem zum schnellen Wegwerfen und Ersetzen von Kleidung. Ganz im Gegenteil: „Ich finde es wundervoll, wenn meine Mode Kinder über viele Jahre hinweg begleiten kann.“ Aus diesem Grund verwendet sie hochwertige Materialien und Schnitte, die sogar „mitwachsen“ können. Außerdem können fast alle Teile, die ab der Größe 62/68 bis 122/128 zu haben sind, problemlos miteinander kombiniert werden – selbst Individualisierungen wie das Aufsticken eines Namens ist für die Labelchefin kein Problem. Das nesemaus-Logo, eine Tulpe, die „das Besondere, Liebe und Zuneigung“ symbolisiert, fehlt ebenso auf keinem Stück. Ansprechen möchte sie mit ihren Stücken vor allem Eltern, Tanten und Großmütter, die „ein Bewusstsein dafür entwickelt haben, dass das, was sie ihren Kindern zum Essen, Trinken oder Spielen geben, nur das Beste sein sollte.“ An Kleidung sollte ihrer Meinung nach genauso wenig gespart werden.
Geschneidert hat die Aschaffenburgerin schon immer gern – deshalb hatte sie sich für eine Ausbildung zur Bekleidungstechnischen Assistentin entschieden, an die sie ein BWL-Studium angeschlossen hat. Heute arbeitet sie als Betriebswirtin bei einer Sprachschule und zusätzlich beim Stadtjugendring als Projektbetreuerin. Doch ganz ohne Mode geht es nicht: Auf die Idee eines eigenen Labels brachten sie ihre beiden Nichten, die bis heute immer wieder für Inspiration sorgen und „als Produkttesterinnen stets gute Arbeit leisten“. Ein Name war auch schnell gefunden: nesemaus war schließlich der Spitzname, den ihr ihre mittlerweile verstorbene Oma gegeben hatte. Mit ihrem seit gut einem Jahr angemeldeten Gewerbe verwirklicht sie nun Tag für Tag ihren Traum.
Atelier in Leider
Die gesamte Kollektion fertigt sie in Handarbeit und einer großen Portion Herzblut in ihrem Atelier in Leider an. Ob nähen, sticken, stricken oder häkeln: Alles entsteht in den hellen Räumen, in denen sie an mindestens drei Tagen in der Woche zu finden ist. Viel Wert legt sie darauf, dass nicht nur die Stoffe aus ökologischer Herstellung sind, auch Garn, Etiketten und Knöpfe kontrolliert sie gewissenhaft. „Wenn ich einen Stoff oder einen Faden nicht in der angestrebten Qualität bekomme, versuche ich das Produkt selbst zu machen – oder lasse es lieber weg.“ Ihr Credo: Auch schöne Kindermode kann absolut ökologisch, nachhaltig und fair sein.
Beim Design verwendet sie Stilelemente aus vergangenen Epochen: Verspielte Details kombiniert mit nostalgischen Elementen prägen ihre gesamte Kollektion, Stoffmuster und Schnittführung erinnern oft an die sechziger und siebziger Jahre. „Meine Muster sind in Anlehnung an Leinenstickereien aus dem 15. bis 17. Jahrhundert entstanden,“ erläutert sie. „Die nesemaus-Kleider stehen für zeitlose Mode, die nicht jeden schnellen Trend verfolgen und Saisons zu überdauern vermögen.“ Quasten, angesetzte Rüschen, seitlich gebundene Schleifen, geraffte Kleider mit Volants oder gesmokte Brustbereiche: Hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Auch trägt jeder Artikel einen Namen: Einem gehäkelten Hütchen aus 100 Prozent ökologischer Baumwolle hat sie zum Beispiel den Namen Marie gegeben. An kalten Tagen sollten anspruchsvolle Heranwachsende ihre Zeit aber lieber mit Monika verbringen: Mit der Wärmflasche aus rot-weiß kariertem Stoff mit Stickerei möchte man selbst als Erwachsene gerne auf Tuchfühlung gehen. Beim Ballonröckchen Sophie mit aufgesticktem Herz geraten hingegen alle kleinen Damen sofort in Entzückung.
Während Agnes Knörzer fleißig an Ideen für die Winterkollektion 2013 und im Speziellen an den ersten Hosen für Mädchen werkelt, darf man sich gerne in die Kindheit zurückversetzen lassen – zum Beispiel bei Julikind in der Dalbergstraße 18: Dort trifft man auf die bezaubernden Teile von nesemaus. Ganz besondere Empfehlung für Schnellentschlossene: Der Adventskalender zum Selbstbefüllen aus grünem und rotem Stoff verkürzt die Zeit bis Heiligabend auf äußerst originelle Weise!