Die Schau bietet einen Einblick in die revolutionäre Darstellung von Tieren durch die bedeutendsten Künstler des Expressionismus. Gezeigt werden Werke von Künstlern der „Brücke“ und des „Blauen Reiters“, wie Franz Marc sowie weitere bedeutende Vertreter, die das Tier als Symbol und Motiv radikal neu interpretierten. Neben Arbeiten von Ernst Ludwig Kirchner, werden auch einige von Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Max Pechstein, August Macke, Heinrich Campendonk, Emy Roeder, Ewald Mataré, Philipp Bauknecht und Wilhelm Kohlhoff präsentiert. Diese Expo beleuchtet die differenzierten Wahrnehmungen und stilistischen Umsetzungen des Tiermotivs und lädt dazu ein, die kraftvolle Bildsprache und die philosophischen Implikationen der expressiven Tierdarstellungen zu entdecken.
Der Expressionismus, der sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland entwickelte, war eine künstlerische Bewegung, die sich gegen die konventionellen Normen und die akademische Kunstauffassung auflehnte. In einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs und der politischen Spannungen suchten die Expressionisten nach neuen Ausdrucksformen, um ihre subjektiven Empfindungen darzustellen. Die Darstellung von Tieren spielte dabei eine zentrale Rolle, da sie symbolhaft für die unmittelbare und rohe Kraft der Natur standen. Die Genrevertreter verzichteten auf naturalistische Darstellungen zugunsten einer intensiven Farbgebung, dynamischer Formen und einer vereinfachten, oft deformierten Bildsprache, um die emotionale Intensität ihrer Werke zu verstärken. Die Künstler der „Brücke“, zu denen neben Ernst Ludwig Kirchner auch Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff gehörten, nutzten das Motiv des Tieres, um die ungezähmte, urwüchsige Energie der Natur darzustellen. Mit formaler Verknappung und einer intensiven Farbpalette machten sie die Instinkte und Emotionen der Tiere sichtbar und setzten sie in den Kontext einer archaischen Ursprünglichkeit.
© Karl Schmidt-Rottluff, Katzen I, 1914, Holzschnitt | © VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: Städel Museum Frankfurt am Main
Katzen I
Franz Marc, eine zentrale Figur des „Blauen Reiters“, gestaltete das Tier hingegen als ein beseeltes, dem Menschen ebenbürtiges Wesen. Nach seinem Umzug nach Sindelsdorf im Jahr 1910 konzentrierte er sich auf das Tierbild als Metapher für Reinheit und Unschuld. Er strebte nach einer „Animalisierung der Kunst“, wobei er das organische Leben der Tiere und ihre harmonische Verbindung zur Natur durch Schwingungen und Parallelisierungen der Linien darstellte. In Werken wie „Blaues Pferd I“ und „Blaues Pferd II“ nutzte Marc die charakteristische Cholorisierung nicht nur als Erscheinungs-, sondern als Wesensfarbe, um die spirituelle Dimension und die Suche nach Erlösung von irdischer Schwere auszudrücken. Spätere Werke wie „Der Turm der blauen Pferde“ nähern sich einer prismatischen Abstraktion. Marcs Werke sind geprägt von einer tiefen Symbolik, die Tiere als Verkörperung von Reinheit, Unschuld und einer höheren Wahrheit darstellt.
Die Schau bietet die Gelegenheit, die revolutionäre Bildsprache der Expressionisten zu erleben und ihre radikale Neuinterpretation des Tiermotivs zu verstehen. Die Werke lassen die kraftvolle und emotionale Ausdruckskraft der Tiere lebendig werden. Die Bildsprache dieser Künstler stellt die Natur auf eine einzigartige Weise dar, die noch heutzutage tief berührt und inspiriert.