Menschen, die die Bürde tragen, vor Weihnachten Geburtstag zu haben, kennen es bereits: Lieblose Geburtstagsgrüße per SMS, billige Geburtstagsgeschenke und eine geringe Aufmerksamkeitsspanne der Gratulanten. Der eigene Ehrentag gerät so schnell in den Hintergrund vor Christi Geburt.
Die doppelte Last trägt Protagonistin Charlotte, die noch dazu ein unfreiwilliges Leben als Dauersingle frönt. Es mangelt daher bei ihr nicht an Geschenken, die an das eigene frustrierende Liebesleben erinnern. Und wenn Materielles wie von der Tante verschenktes Sexspielzeug nicht mehr weiterhilft, darf es schon mal ein eigener Stripper sein. Als dieser kurzerhand zum Weihnachtsfest mitgebracht wird, sind pikante Situationen vorprogrammiert.
© Neue Visionen Filmverleih
Das perfekte Geschenk
So tappen sich alle Figuren beim gemeinsam zelebrierten Heiligabend gegenseitig in die Falle: Sie geben Geschenke, die mehr über ihre eigenen Ängste, Wünsche und Selbstzweifel verraten als über die eigentlichen Bedürfnisse der anderen. In einer Szene, die sinnbildlich für die schwarze Komödie steht, wird ein Geschenk fast zu einer Währung. Wer bietet Großzügigkeit, wer verzichtet darauf, wer nutzt das Geschenk als Kommunikationsmittel, wer schützt sich hinter einer Hülle aus Satire und Witz? Die Dialoge sind scharf wie eine feurige Paprikacreme, doch hinter dem Zynismus lauert eine ehrliche Beobachtung von menschlichen Verstrickungen. Der zum Teil obszöne Humor – perfektioniert in pointierten Dialogen – funktioniert dabei wie bei einer Pinzette: Er zupft an den oberflächlichen Fassaden, ohne direkt ins Schmutzige abzurutschen. Das französische Regie-Duo Raphaële Moussafir und Christophe Offenstein scheut dennoch dabei nicht davor zurück, gesellschaftliche Rituale zu dekonstruieren. Geburtstage, Jubiläen, Wichtelspiele – die beiden Regisseure zeigen auf, was passieren kann, wenn man sie als Pflicht-Checkliste statt als sinnstiftende Begegnung begreift. Inhaltlich balanciert der Film zwischen tragischer Komik und beschwingter Melancholie. Die Geschenke fungieren als eigener Spiegel der Charaktere: Sie reflektieren nicht zwingend Zuneigung, sondern auch bestehende Machtverhältnisse, Verletzlichkeit und das Scheitern, miteinander ehrlich zu kommunizieren. Diese Balance ist kein Zufall, sondern die bewusst gesetzte Prämisse: Ein Geschenk kann Brücken bauen oder Gräben vertiefen – je nachdem, ob es mit Fremd- oder Selbstironie getragen wird. Moussafir und Offenstein scheuen sich nicht, das gewählte Szenario zu nutzen, um zwei Fragen zu stellen, die in jeder zwischenmenschlichen Beziehung früher oder später auftauchen: Was bist du mir wirklich schuldig, und was schulde ich dir selbst?
„Das perfekte Geschenk“ ist eine chaotisch-liebevolle Komödie, ideal für Geschenkeneurotiker, Last-Minute-Shopper, Ewig-Enttäuschte und Verpackungskünstler, die Überraschungen lieben oder sich ihrer komplett verweigern. Wer „Monsieur Claude“ oder „Saint Amour“ mag und mit Ü 40 über pupsende Großmütter und derbe Witze lachen möchte, für den hat dieser kleine Publikumsliebling aus Frankreich das Zeug zum Feiertagsklassiker beim kollektiven Weihnachtsbesäufnis mit der gesamten Sippschaft.
