Schön gemütlich zum Volksfestplatz rüberspazieren, im Riesenrad die Aussicht über Aschaffenburg genießen, im Festzelt ein, zwo kühle Maß Festbier und was Knuspriges vom Grill einverleiben und danach im Autoscooter mal kurz zwei bis fünf Chips lang die dunkle Autofahrerseite ausleben. Und weil es gerade so viel Spaß macht, schießt man der Holden eine Rose, während die Kurzen in der Wildwasserbahn jodeln oder um die Wette mit Pfeilen auf Luftballons werfen. Nebenan gibt’s mit etwas Glück die freie Auswahl an der Losbude. Darauf wird natürlich nochmal angestoßen, bevor es die Mutigen in die Geisterbahn und die Tollkühnen in den Freefall-Tower zieht. Der Adrenalinspiegel wird dann beim Entenangeln langsam runtergefahren, bevor der obligatorische Großeinkauf in der verführerischen Welt von Zuckerwatte und gebrannten Mandeln so langsam den Heimweg einläutet.
In fünf Sätzen haben wir somit einen ziemlich coolen Tag auf dem Aschaffenburger Volksfest beschrieben. Und doch gibt es auch hier natürlich eine andere Seite: Denn was für den einen das pure Vergnügen im Kreise seine Lieben ist, bedeutet andere harte Arbeit und die Sicherung von zahlreichen Existenzen. Die Rede ist vom Schausteller-Gewerbe. Eine Branche, mit der wir in der Regel nur für wenige (und durchweg schöne) Tage pro Jahr in Berührung kommen und die daher naturgemäß als Wirtschaftsfaktor in der öffentlichen Wahrnehmung nicht ganz so omnipräsent ist. Umso beeindruckender ist dementsprechend die Tatsache, dass es alleine in Aschaffenburg 20 eigenständige Schausteller-Betriebe gibt.
Und diese leiden im Moment massiv unter dem jüngst nochmals verlängerten Verbot von (Groß-)Veranstaltungen. „Wir hatten mit der ursprünglichen Deadline 31.8. noch die Hoffnung, das Jahr irgendwie noch halbwegs retten zu können“, erzählt uns der Vorsitzende des Aschaffenburger Verbands der Schausteller, Alexander Markurth. Stattdessen wurde dieses Datum Mitte Juni kassiert, im Moment gilt das Veranstaltungsverbot bis Ende Oktober.
Da kam eine Idee von seinem Verbandskollegen Peter Michel gerade zum richtigen Zeitpunkt: Die Stadt wurde angefragt, ob die Aschaffenburger Schausteller nicht an verschiedenen Standplätzen in der Innenstadt im Wechsel ihr Angebot präsentieren können. „Zu unserer großen Überraschung sind wir auf große Zustimmung im Rathaus gestoßen. Die Entscheidung im Stadtrat fiel sehr schnell und einstimmig. Das ist natürlich ein tolles Zeichen!“ freut sich Alexander Markurth. Seit 12.6. stehen an fünf Plätzen vor der Stadthalle und der City Galerie Verkaufsstände, kleine Karussells und beliebte
Attraktionen der heimischen Schausteller und liefern der Bevölkerung eine gehörige Portion Volksfest-Feeling beim Einkaufsbummel. Das Angebot wechselt wöchentlich und soll bis 14.9. bestehen bleiben. Die Koordination übernimmt Markurth dabei gemeinsam mit seinem Kollegen Thorsten Goldbach, der wiederum der stellvertretende Vorsitzende des bayerischen Landesverbands der Marktkaufleute und Schausteller ist. Markurth dazu: „Wir alle sind der Stadt sehr dankbar für diese Möglichkeit! Zudem hat sie uns signalisiert, dass wir bestenfalls sogar noch einen weiteren Standplatz dazu bekommen können.“
Die Symbolwirkung dieser Kooperation mit der Stadt ist unübersehbar und tut der Gemeinschaft der Schausteller in dieser harten Zeit natürlich gut, wenngleich sie die wirtschaftliche Gesamtsituation der Betriebe aufgrund fehlenden Rettungsschirms und ganz wenig Unterstützung vom Staat natürlich nicht retten kann, wie uns im Gespräch ebenfalls bestätigt wird.
Auf durchschnittlich 25–30 Veranstaltungen ist ein Schausteller in einem normalen Jahr präsent, die Saison beginnt im Frühjahr. „Das ist durch die Pandemie natürlich alles ausgefallen. Unsere letzten Einnahmen haben wir auf dem Aschaffenburger Weihnachtsmarkt 2019 generiert“, erzählt Schausteller Markurth und ergänzt, „dass unsere gesamten Hoffnungen im Moment darauf abzielen, mit dem diesjährigen Weihnachtsmarkt wenigstens EINE reguläre Veranstaltung beschicken zu können. Ansonsten sieht es für viele Betriebe hier richtig düster aus.“
Support your Locals! Zuckerwatte-Dealer ist das Motto der Stunde. Nutzt die Angebote der ansässigen Schausteller! Tut Gaumen und Magen gut, macht nicht nur Kinderherzen glücklich und hilft einem regionalen Wirtschaftszweig. Und aus eigener Erfahrung: Gebrannte Mandeln gehen IMMER!
Die aktuelle Übersicht der jeweiligen Wochen, Standorte und Schausteller ist unter oben angegebener URL zu finden.