Spontan: Welche sind die ersten Assoziationen, die einem zum Stichwort Rettungshund einfallen? Klar, zuallererst natürlich der treue Bernhardiner, der mit einem kleinen Schnapsfässchen um den Hals die frisch ausgebuddelten Lawinenopfer versorgt. Schönes Bild, aber aus dem Reich der Legenden. Das zweite Motiv ist aktueller und reell: Rettungshunde, die nach einem Erdbeben in den Trümmern nach Überlebenden suchen. Was beide Szenarien gemeinsam haben, ist der Eindruck, dass Rettungshunde nur weit weg der hiesigen Gefilde zum Einsatz kommen. Doch weit gefehlt! Auch in Aschaffenburg gibt es, bereits seit 2006, eine BRK-Rettungshundestaffel, die bei circa 20 Einsätzen im Jahr hier in der Region und in den angrenzenden Bundesländern Einsätze absolviert: Abgängige Wanderer im Spessart, vermisste Schwimmer in Badeseen oder Kinder, die sich verlaufen haben – drei Beispiele aus vielen, bei denen die heimischen Rettungshunde alarmiert werden. Weitere Einsatzgebiete wie die Absicherung von Veranstaltungen runden das Portfolio der Aschaffenburger Staffel ab. Doch welche Voraussetzungen müssen die Vier- und Zweibeiner erfüllen, um Teil dieser speziellen Einsatzgruppe zu werden? FRIZZ Das Magazin konnte mit Martin Dillmann von der BRK-Rettungshundestaffel Aschaffenburg ein paar spannende Fragen rund ums Thema klären.
FRIZZ Das Magazin: Eignet sich jeder Hund für die Ausbildung zum Rettungshund oder gibt es Rassen, die sich besser eignen als andere?
Martin Dillmann: Grundsätzlich eignen sich viele Rassen, es gibt aber einige Bedingungen. Zuallererst muss der Hund absolut gesund und fit sein, darf keine Angst haben und muss sich im schwierigen Gelände sicher und selbstständig bewegen können. Er sollte mittelgroß sein, da er vom Hundeführer in schwierigen Situationen auch getragen werden muss, freundlich zu Menschen sein, nicht jagen und auch mit den vierbeinigen Kollegen einigermaßen auskommen. Zusätzlich sollte er genug Trieb und Motivation haben, um zu arbeiten. Deshalb nutzen wir in den meisten Fällen Arbeitshunderassen oder Mixe davon. Es muss möglich sein, den Hund zur Suche eines Menschen zu motivieren, dazu verwenden wir normalerweise Futter oder Spiel. Bei aller Selbstständigkeit müssen die Hunde aber unbedingt gehorsam und lenkbar sein. Weitverbreitete Rassen für die Flächen- und Trümmersuche sind daher zum Beispiel Labrador- oder Golden Retriever, Border Collies, Australien Shepherds und Vorstehhunde, wie Kleine Münsterländer. Beim Trailen verwendet man gerne Schweißhunde und Bracken, wobei auch hier Retriever und Australien Shepherds sehr erfolgreich ausgebildet wurden.
BRK-Rettungshundestaffel
Es gibt verschiedene Einsatzgebiete wie Mantrailing oder Wassersuche. Sind eure Hunde jeweils nur auf eine Suchart trainiert oder lernt ein Hund in seiner Ausbildung alle Einsatzgebiete kennen?
Im Normalfall werden die Hunde am Anfang in einer Sparte ausgebildet, eine zweite Ausbildung beginnt dann, wenn der Hund in der ersten Sparte geprüft ist. Flächen- und Trümmerhunde kann man aber von Anfang an parallel ausbilden, da die Ausbildung sich nur in einigen Details unterscheidet. Lange Zeit ging man davon aus, dass man Fläche und Mantrailing nicht parallel ausbilden kann, da der Aufbau der Suche sich grundlegend unterscheidet. Inzwischen hat man testweise damit begonnen und es hat sich gezeigt, dass die Hunde sehr gut umschalten können. Die Ausbildung zum Wassersuchhund ist immer parallel und startet, nachdem der Hund in der Fläche geprüft ist. Wasser und Trümmer kann man nicht parallel ausbilden, da bei der Wassersuche Leichengeruch angezeigt werden soll, bei den Trümmern aber nicht, da dort nur die Überlebenden gesucht werden. Ein Kriterium ist neben der erwähnten Eignung des Hundes auch die verfügbare Zeit des Hundeführers. Wenn man alle Flächen- und Mantrailing-Trainingstermine wahrnimmt, ist man an fünf von sieben Tagen in der Woche beim Training.
Wie lange dauert die Ausbildung eines Hundes zum Rettungshund?
Das hängt vom Hund, seinem Alter, der Erfahrung des Hundeführers und einigen anderen Faktoren ab, in der Regel zwischen zweieinhalb und maximal fünf Jahren.
Werden die Hundeführer auch automatisch als Sanitäter ausgebildet?
Ja, alle Mitglieder der Rettungshundestaffel sind ausgebildete Sanitäter, wir haben auch Rettungs- und Notfallsanitäter in unserer Bereitschaft.
BRK-Rettungshundestaffel
Wird die Rettungshundestaffel Aschaffenburg auch zu Einsätzen außerhalb der Region angefordert oder könnte dieser Fall eintreten?
Unser normales Einsatzgebiet ist Aschaffenburg und die Landkreise Miltenberg und Aschaffenburg. Zusätzlich werden wir in den angrenzenden bayrischen Landkreisen bei Bedarf nachalarmiert und haben auch Einsätze in Hessen und selten in Baden-Württemberg. Für Mantrailer und Flächenhunde ist es in der Regel nicht notwendig, bei weiter entfernten Suchen teilzunehmen, da die Abdeckung mit Hunden in diesen Sparten sehr gut ist. Die Wassersuche wäre hingegen angemessen, da es in Deutschland sehr wenige ausgebildete Hunde gibt. Am meisten Sinn würden sicher Trümmereinsätze im Ausland machen, hier ist aber das Problem, dass man für eine schnelle Hilfe einiges an Infrastruktur wie Statiker, Räum- und Ortungsgerät vor Ort braucht. Die Hunde alleine können nicht allzu viel ausrichten und die Zeitspanne, in der man noch Überlebende finden kann, ist relativ kurz. Um hier die interne strukturelle Alarmsituation zu verbessern, gibt es ein DRK-Projekt „Großschadensmodul Trümmersuche“, das darauf ausgelegt ist, perspektivisch eine bundesweit einsatzfähige Einheit für nationale Großschadenslagen zu entwickeln. Die Unterfränkischen Einheiten sind daran beteiligt und in Aschaffenburg haben wir im Moment einen geprüften Trümmerhund.
Wie alle ehrenamtlichen Einrichtungen seid auch ihr auf Unterstützung angewiesen. Was wird bei euch aktuell am dringendsten benötigt?
Neben finanziellen Mitteln benötigen wir dringend ein neues Einsatzfahrzeug, unser aktuelles ist technisch und wirtschaftlich am Ende. Da es sich um ein Rettungsfahrzeug handelt, müssen wir nicht nur den Kaufpreis, sondern auch ca. 15.000 Euro für den Ausbau stemmen. Hier freuen wir uns über jede Unterstützung. Darüber hinaus sind neue Mitglieder bei uns immer herzlich willkommen. Die Interessenten sollten mindestens genauso fit wie ihre Hunde, lernbereit und belastbar sein und kein Problem damit haben, bei Nacht, Frost, Hitze, Dauerregen oder Schlamm einen Menschen zu suchen. Um das gezielt zu trainieren, suchen wir auch immer neue Flächen zum Üben – Waldbesitzer und Jagdpächter dürfen sich mit entsprechenden Angeboten gerne an uns richten.
BRK-Rettungshundestaffel
Und zum Schluss ist es uns sehr wichtig, an die Bevölkerung für mehr Verständnis und Rücksicht zu appellieren. Wir wurden während des Trainings oder im Einsatz sogar schon beschimpft und bedroht, unser Training wird immer mal wieder vorsätzlich gestört und gerade bei nächtlichen Einsätzen geraten wir trotz Warnwesten, absichernden Einsatzfahrzeugen und ähnlichen Sicherungseinrichtungen durch rücksichtslose Fahrer nicht selten in Gefahr. Hier wünschen wir uns ein wenig mehr Rücksicht.
