Dreht dieser Kapelle niemals den Rücken zu! Denn kaum schaut man mal kurz – also sieben kurze Jahre – nicht hin, haben die feinen Herren schon wieder ein neues Album zusammengeschraubt. Nach „Kinderteller“ (1997), „Beiss mich, Baby“ (2001), „Alarm für Riegel 7!!!“ (2005), „Godzilla auf Speed“ (2009) und „Saufpferdchen“ (2017) kommt der sechste Longplayer der Lieblings-Splatterpopper auf den Markt. „Lieblings-Splatterpopper“ übrigens aus dem einfachen Grund, weil wir keine anderen Splatterpopper kennen. Aber das geht euch Hardcorefans ja ganz genau so, also wem erzählen wir das überhaupt.
Über das neue Album
Zurück zum brandneuen Output aus dem Hause Blutjungs und dem bandeigenen Label Phonowerke Luna. Apropos, beim Begriff „bandeigenes Label“ wird einem ja auch schon wieder so komisch heißkalt, weil man sich eingestehen muss, vom rasenden Aufstieg der Blutjungs in den globalen Musikolymp, den Headlinertourneen durch die größten Konzertarenen der Welt, dem Glitzerlifestyle zwischen Aftershow-Poolpartys hier und Charity-Golfturnieren dort sowie gehetzten herumgejette von einer Awardverleihung zur nächsten gar nichts mitbekommen zu haben. Stichwort „einmal kurz nicht hingeschaut“, ne? Doch dann fällt einem wieder ein, dass ein bandeigenes Label heutzutage gar kein Symbol oder Indiz für eine Weltkarriere ist, sondern oftmals die einzige Möglichkeit für eine Band darstellt, sich ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit bei Veröffentlichungen zu bewahren. Was wiederum für die Blutjungs eine mehr als nachvollziehbare Herzensangelegenheit ist. Haben wir das also auch geklärt und freuen uns sehr darüber, denn was eine räusperräusper „Weltkarriere“ mit einem anrichten kann, sehen wir ja gerade bei Tokio Hotel. Und das will ja nu auch keiner.
Über das neue Album, jetzt aber wirklich
Können wir jetzt vielleicht endlich mal über das neue Album mit dem wunderschönen, halloweenesken Namen „Süßes oder Saures“ sprechen, das in einem transsilvanischen Studio gezeugt wurde und im Rahmen der großen Release-Show nach gerade einmal fünfmonatiger Schwangerschaft unter großen Schmerzen geboren wird? Wäre wirklich wichtig, denn immerhin birgt Blutjungs-Stoff ja auch eine ganze Reihe von Vorteilen für uns alle. Und weil wir uns ja durch und durch als Servicedienstleister verstehen, haben wir euch mal die schlagkräftigsten Argumente zum Zwecke der positiven Konsum- und Kaufentscheidung zusammengetragen:
Vorteil 1: It’s all about the Optik!
Wer bereits stolzer Besitzer eines BJ-Albums oder vielleicht sogar mehrerer ist, weiß Bescheid. Alle anderen lesen nun aufmerksam und fragen danach das schwarze Schaf in der Familie, denn spätestens diese Person kann folgenden Fakt bestätigen: Ein Blutjungs-Album, egal in welcher Darreichungsform vorhanden, wertet die Plattensammlung allein schon von der Optik her auf, dass ihr diese auch trotz diverser Robbie-Williams-Alben mit stolzer Brust Besuchern eurer Höhle präsentieren könnt. Austarierte Farbgebung, gestochen scharfe Designelemente, formschöne Schriften … sucht man bei den Blutjungs zwar vergebens, doch wahre Fans wissen besser, was wirklich schön ist. Und das Auge hört doch irgendwie mit.
Blutjungs
Vorteil 2: It’s all about the Musik!
Des Pudels Kern, wie man so sagt. Was hat die Band nicht schon selbst für schaurigscheppschöne Bezeichnungen für ihre eigene Musik gefunden: So darf man sich neben das abgegriffelte Foto der Protagonisten in Lack, Leder und Netzstrümpfen auch Vokabeln wie Synthie-Punk, Dark-Country, Swampschlager, Death-Doo-Wop, Aggro-Capella und (ganz neu!) Power-Pop ins selbstgebastelte Fanalbum schreiben. Und auch der Neuankömmling „Süßes oder Saures“ hält wieder ein gutes Dutzend Perlen aus dem Genre „Irgendwas mit Splatterpop“ bereit, die sowohl musikalisch und textlich so klingen wie die nie erfüllten feuchten Träume der Ärzte. Und den ganzen anderen deutschsprachigen Pop-Punk-Superhelden, die gerne so gut wären wie diese Kapelle aus Aschaffenburg.
Vorteil 3: Ablasshandel galore!
Schließt sich an Vorteil 2 nahtlos an, aber sollte aufgrund seiner Funktion nicht vernachlässigt werden. Mit einer entsprechenden Anzahl an Blutjungs-Alben im heimischen Sammelsurium der physischen Tonträger könnt ihr eure musikalischen Fehltritte und heimlichen Vorlieben wieder gutmachen. So werden vom Musikgott pro Blutjungs-Scheibe je ein Album von Celine Dion, Grönemeyer und ein Kuschelrock-Sampler verziehen. Und wer skalieren kann weiß spätestens jetzt: Mit der kompletten VÖ-Palette der Blutjungs im heimischen Regal, muss sich auch wegen der heimlich geliebten „PUR & Friends live auf Schalke“ keine schlaflosen Nächte mehr machen.
Vorteil 4: Gossip-Alarm!
Wenn die Blutjungs neues Material unters halbbetäubte Volk bringen, glühen andernorts schon Köpfe und Tastaturen der selbsternannten Wächter über Sitte, Anstand und Moral und prinzipiell leicht beleidigten. Wir erinnern uns an Index-Diskussionen, an mahnende Schreiben von irgendwelchen angefassten Magazinen und an Anwaltsbriefe, die aus diversen Gründen hin und her geschickt wurden. Vieles war von Haus aus heiße Luft, anderes hat sich dann irgendwann genau in dieser aufgelöst. Aber trotzdem: Ihr seid doch alle genauso lästergeil wie wir. Und selten hat eine VÖ soviel Gossip-Potential wie bei den Blutjungs. Die Society-Abteilung unseres Magazins bereitet auf jeden Fall schon mal das Popcorn vor und hofft, dass sich auch bei „Süßes oder Saures“ wieder jemand schwer beleidigt fühlt.
Vorteil 5: Der passende Soundtrack für ein wunderschönes Leben!
Ob auf dem Weg zum sonntäglichen Geburtstagsbrunch bei den Schwiegereltern, als musikalische Untermalung der Kastration des eigenen Haustieres, zur Motivation vor dem ersten Fallschirmsprung, beim Angelausflug im Sauerland oder nach der samstäglichen Einkaufstour in der City Galerie – die Blutjungs liefern stets den Soundtrack für ein erfülltes, abwechslungsreiches und von Höhepunkten gerade so übersprudelndes Leben: Macht Schönes schöner und Unerträgliches erträglicher.
Please Release Me …
… schmalzte 1989 bereits der grandiose Engelbert Humperdinck und das lässt sich die Band natürlich nicht zwei Mal sagen. Daher versammeln wir uns gefälligst alle pünktlich zu Halloween am 31.10. im Roßmarkt, genießen die Show des genauso geilen Supports L.A.K. – haben übrigens auch ein neues Album am Start – und liegen uns dann zu den erstmalig live präsentierten Klängen von „Süßes oder Saures“ in den Armen. Danach räubern wir alle den Merch-Stand leer und hoffen auf die Weltherrschaft der Blutjungs. Genau so läuft das!