Yacine Khorchi ist fester Bestandteil der Musikerszene unserer Stadt. Doch der studierte Pianist und Vollblutmusiker haut nicht nur in die Tasten, sondern hat vor über zehn Jahren bereits eine eigene Firma gegründet. „music2me“ hat inzwischen mehreren zehntausend Menschen mit einem innovativen Lernkonzept online das Klavier- und Gitarrespielen beigebracht. Rock ’n’ Roll trifft Gründertum!
Mit „music2me“ habt ihr eine sehr professionelle Lehrplattform für Instrumente auf die Beine gestellt. Auch wenn ich auf der Homepage sehr umfangreich über die Meilensteine der Firmengeschichte informiert werde – erzähl uns doch mal ein bisschen über die spannende Gründungszeit. Wann, wo und warum ist die Idee zu Music2me entstanden und wie lief die Phase von der Idee bis zum Launch der Website ab?
Die Idee zu Music2me ist tatsächlich etwas ungewöhnlicher als man denkt (lacht). Music2me wurde im Jahr 2010 von meinem besten Freund Andreas Kraus und mir gegründet. Andy hatte bereits seine eigene Firma Sunlab gegründet, die sich mit Onlinemarketing beschäftigt. Ich habe Jazz-Klavier an der Musikhochschule Würzburg studiert und war voll im Live- und Unterrichts-Business unterwegs. Wir haben uns aufgrund der vielen Arbeit wirklich sehr selten gesehen und Andy hatte dann die Idee, dass wir unsere individuellen Fähigkeiten in einer gemeinsamen Firma einbringen damit man sich zumindest auf Arbeit mehr Kontakt hat. Die Idee: Online-Musikunterricht. Und so fing dann alles an. Wir haben erstmal einmal versucht, verschiedene Formate zu testen. Anfang der 2010er Jahre gab es so gut wie keinen Lehrangebote im Bereich Musik im Internet, auch YouTube war noch recht jung. Man hatte wenig Möglichkeiten zu schauen, wie andere das Thema angehen und Deutschland ist bei Online-Themen ohnehin eher spät dran. Dementsprechend habe ich mich ausgiebig mit dem Thema auseinandergesetzt und einen Basis-Kurs für Klavier geschrieben und den haben wir dann auch in den folgenden ein, zwei Jahren produziert. Die Website wurde parallel dazu aufgebaut und gelauncht. Sehr einfach und ohne große Features, aber schon laufsicher mit Payment System und allem was man für digitale Käufe und Abläufe benötigt.
Ich habe den Weg des Musikers nicht ohne Grund gewählt.
Ich unterstelle einmal folgendes: Als studierter Musiker hat man zuallererst einmal seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und denkt eigentlich gar nicht daran, einmal Chef und Arbeitgeber zu sein. Wie haben sich dieser Schritt und der folgende Weg damals für dich persönlich angefühlt? Welche Überlegungen und Hürden gab es damals für dich zu überwinden?
Ja, also tatsächlich war das für mich persönlich nicht einfach. Ich habe den Weg des Musikers nicht ohne Grund gewählt. Die Freiheit, mehr oder weniger selbst über die Zeiteinteilung der Woche zu entscheiden war für mich ein wichtiger Grund für die Berufswahl. Am Anfang von Music2me war das alles auch noch, ich sage mal, „spontan” von der Planung. Wir hatten einen Video-Freelancer, Joannis Papatheodorou, der für uns die Videos geschnitten hat und haben uns dann immer relativ kurzfristig getroffen und zusammen produziert. Mit mehr Kursen und Aufgaben kamen im Laufe der Jahre immer mehr Mitarbeiter und Festangestellte dazu und die Abläufe mussten professionalisiert werden. Das bedeutete für mich mehr reine Bürozeit, mehr Zeitaufwand für administrative Abläufe und natürlich auch mehr Verantwortung. Budgets planen, wichtige Zukunfts-Entscheidungen treffen, wie beispielsweise mit der Gitarre ein zusätzliches Instrument anbieten, und so weiter und so weiter. Eine Firma zu leiten ist kein Spaß und tatsächlich ist ein Großteil meiner Arbeit mittlerweile weniger vor dem Klavier und mehr am Schreibtisch. Aber mittlerweile macht mir auch diese Aufgaben großen Spaß und ich freue mich, über ein breites Tätigkeitsfeld, in dem ich trotzdem immer mit dem Thema “Musik machen” beschäftigt bin.
Gab es im Rahmen der Unternehmensgründung einmal Momente des Zweifels? Und wie bist du/seid ihr damit umgegangen?
Prinzipiell zweifelt man immer, wenn man über längere Zeit an einer Sache arbeitet. Ich bin Musiker, da zweifelt man ohnehin öfter mal, wie es weitergeht (lacht). Aber die Idee, einen bezahlbaren, von überall jederzeit nutzbarem Musikunterricht anzubieten, halte ich nach wie vor für sehr gut und ich glaube, wir haben uns bisher gut entwickelt. Ich freue mich auf die Zukunft und sehe noch großes Potenzial im Markt aber auch bei uns als Firma.
Gibt es für dich/euch als Firmeninhaber und Unternehmer eine Philosophie, die ihr ab dem ersten Tag verfolgt und auch nie aufgeben werdet?
Für uns war immer das Thema Qualität sehr wichtig und wird es auch immer sein. Handwerklich gut gemachte Videos mit guten Inhalten, zusätzlich aufbereitet mit Arbeits- und Notenblättern. Alle Themen in den jeweiligen Bereichen betreut von Profis, sei es am Instrument, hinter der Kamera oder beim Videoschnitt. Aber auch bei Themen der Website und anderen Online-Themen. Qualität und Nähe zum Kunden sind sicherlich die wichtigsten Themen, die wir seit damals kontinuierlich verfolgen und in denen wir natürlich weiter verbessern möchten.
Immer das Ziel im Fokus und es möglichst gut und effizient zu erreichen
Inwieweit schränkt dich deine Tätigkeit als Unternehmer und Arbeitgeber in deiner Tätigkeit als Musiker ein? Hast du manchmal das Gefühl, dass das Eine das andere behindert?
Ja, das ist in der Tat so. Beide Aufgaben, die des Musikers und des Geschäftsmanns sind Fulltime-Jobs. Man muss irgendwo Abstriche machen. Andererseits lernt man, sich besser zu organisieren. Zeit sinnvoll zu nutzen. Wenn man beispielsweise am Klavier ein Lied übt, weniger abzuschweifen, konsequenter an schwierigen Passagen zu arbeiten. Genauso im Büro. Probleme direkt angehen, keine Zeit mit Nebenschauplätzen verschwenden. Immer das Ziel im Fokus und es möglichst gut und effizient zu erreichen. Das habe ich in den letzten fünf Jahren stark verbessert.
Welchen Anspruch habt ihr selbst an euer Angebot und wie unterscheidet es sich von anderen Online-Lehrplattformen?
Unser Anspruch ist ganz klar, dass man bei uns einen guten Klavier- und Gitarrenkurs vorfindet, in dem es Spaß macht zu üben, Stücke zu lernen und neue Dinge zu entdecken. Bei uns soll man sich wohlfühlen. Und man hat die Möglichkeit, die Inhalte auf verschiedene Art und Weise zu lernen. Entweder über das Video durch Zuschauen und nachspielen, was man theoretisch auch bei YouTube so machen kann, aber bei uns gibt es einiges mehr an sinnvollen Video-Funktionen zur Unterstützung. Man hat auch die Möglichkeit über die Notenblätter die Stücke zu erlernen und gibt es außerdem noch zu jedem Video eine gesprochene, ausführliche Erklärung. Das gibt es bei anderen ähnlichen Lernplattformen zumindest in der Fülle und Stringenz eher selten. Außerdem bieten wir seit einigen Monaten auch Live-Streams an, wo der Benutzer*in sich live einschalten und Fragen stellen kann. Insgesamt gibt es bei uns also viele Möglichkeiten, sich dem Thema Klavier oder Gitarre lernen zu nähern.
Euer Team ist sukzessive gewachsen und euer Portfolio hat sich stets erweitert und angepasst. Welche Parameter spielen für „ein gesundes Wachstum“ in deinen Augen die wichtigsten Rollen?
Meiner Meinung nach muss gesundes Wachstum zu einem allergroßen Teil selbst finanziert sein. Viele unserer Konkurrenten sind komplett mit Risikokapital finanziert. Das ist sicher ein Ansatz, der funktionieren kann. Aber wir haben Music2me von vornherein mit unserem eigenen Geld finanziert. Ich möchte nicht mit Investoren oder einer Bank über meine Inhalte im Kurs diskutieren. Das geht nur die Gründer und die Mitarbeiter der Firma etwas an. Auch eine langfristige Strategie ist mit externen Geldgebern oft nur schwer zu vereinbaren. Alles Dinge, die uns als Gründern sehr wichtig sind und die ein wichtiger Bestandteil der Ursprungsidee von Music2me ist. Man könnte auch sagen: Step by step.
Begonnen hat alles mit Klavierunterricht und wurde dann um das Instrument Gitarre erweitert. Bleibt es dabei, oder wollt ihr euer Angebot weiter ausbauen?
Wir planen aktuell das Instrument Schlagzeug hinzuzunehmen. Ein konkreter Launch steht aber noch nicht fest. Ich denke das wird dann nächstes Jahr 2022 so weit sein.
Auch wenn man lieber alleine lernt und seine Ruhe braucht, kann Online-Unterricht ein interessantes Konzept sein.
Kann Online-Unterricht tatsächlich die 1:1-Situation zwischen Lehrer und Schüler gleichwertig ersetzen?
Nein. Die Situation vor Ort mit einem charismatischen, motivierenden Lehrer ist natürlich ideal. Es wird dauern, bis die Online-Welt dieses Niveau erreicht wird es noch dauern. Aber Online-Unterricht kann eine sinnvolle Ergänzung sein. Für Menschen, die sich einen lokalen Lehrer nicht leisten können. Die zeitlich sehr eingespannt sind und die womöglich auch nicht so mobil sind, also kein Auto besitzen. Auch wenn man lieber alleine lernt und seine Ruhe braucht, kann Online-Unterricht ein interessantes Konzept sein. Gerade als Einsteiger würde ich empfehlen, Online-Angebote zu prüfen, um zu schauen, ob das ganze Thema für einen langfristig interessant ist.
Gibt es Instrumente oder Themen, die sich für euer Lehr-Konzept nicht eignen? Wenn ja, welche und warum?
Ich denke gerade Blas- und Saiteninstrumente wie das Saxophon und Trompete, Geige oder das Cello sind über einen Online-Unterricht schwierig zu vermitteln. Die Griff- und Spieltechniken sind da zumeist so kompliziert, dass selbst ein lokaler Unterricht enorm anspruchsvoll ist. Daher gibt es in diesen Bereichen auch wenig Angebot im Online-Segment.
Mehr Angebot, mehr Vielfalt und ein besserer Kontakt direkt zum Schüler.
Ein Blick voraus: Welche Ziele möchtet ihr mit music2me mittel- und langfristig noch erreichen?
Wir werden demnächst den spanischen Markt mit unserem Gitarren-Kurs ansteuern und so eine zusätzliche zu den schon verfügbaren Sprachen deutsch und englisch anbieten. Mittelfristig gibt es dann auch wie schon erwähnt den neuen Schlagzeug-Kurs. Außerdem wollen wir mit den Schülerinnen und Schülern mehr interagieren und unsere Live-Streams ausbauen. Kurz gesagt: Mehr Angebot, mehr Vielfalt und ein besserer Kontakt direkt zum Schüler.
Dankeschön, Yacine, für das wie immer nette Gespräch mit dir und viel Erfolg weiterhin für euch und eure Plattform.