
BANDBESPRECHUNG 6|2012: THE SIRKUS
„Wir denken nicht, dass wir die Rockgeschichte neu interpretieren. Unsere Musik ist schlicht ein Resultat aus Hörerfahrungen und dem Wunsch, einen Klang zu erzeugen, der unserer Vorstellung von zeitgemäßem Blues entspricht.“ Bescheidene Worte. The Sirkus aus Johannesberg-Steinbach haben bisher nur bei wenigen, dafür umso intensiveren, lokalen Auftritten ihr Können unter Beweis gestellt. 2011 überzeugten sie beim Roadtracks-Festival im JUKUZ – der erste Auftritt mit eigenen Songs überhaupt.
Die spielfreudige Truppe fühlt sich in dem Jahrzehnt zu Hause, in dem Rockmusik keine Core-Zusätze oder Postrock-Düdeleien benötigte. Als man auf die Instrumente einhämmerte, als gäbe es kein Morgen mehr und Hymnen für und gegen das Leben verfasste. Als man sich mit den besten Freunden innerhalb langer Proberaumnächte den Spliff reichte, über das Leben und das Danach philosophierte und Bock hatte, sich durch Musik auszudrücken. Okay, daran hat sich bis heute wahrscheinlich wenig geändert. So langsam wird es Zeit, darüber nachzudenken, warum bei Aschaffenburger Musikern wie Orcus Chylde und den jungen Crows of Zanzibar eine derartige Nostalgie vorherrscht.
The Sirkus reihen sich unmittelbar hier ein. Sie punkten mit ihren seligen Retro-Seufzern bei allen Liebhabern von rockigen Klängen aus den 1960ern/70ern. Anfang 2010 gegründet, mit erweitertem Instrumentarium aus zwei Gitarren, Bass, Klavier, Orgel, Schlagzeug und dem auserkorenen Ziel, zeitlosen „Heavy-Psycho Blues“ zu spielen. Damals noch als klassische Bluesband mit Elementen aus Funk und Rock, entschieden sie sich nach einem halben Jahr, eigene Musik zu schreiben. „Irgendwann wurde auch unser Interesse an psychedelischer Musik der 60er geweckt, die vermutlich auch ihren Teil zum Gesamtklang beiträgt. Ein weiterer wichtiger Bestandteil unserer Musik ist der Folk, aber auch verschiedene Ansätze der World Music“, antwortet die Band als geschlossene Einheit.
Auch interessant: Die Formation besteht aus drei hauptamtlichen Textschreibern: Max (Gitarre), Adrian (Klavier/Orgel) und Lukas (Gitarre). Allesamt Hobbylyriker, sodass sich ihre Inhalte zwischen Weltverbesserungsversuchen, Verlustängsten und Selbsttherapie bewegen und bereits vor dem Komponieren Textfragmente in Gedichtform existieren. Mittlerweile bestehen ihre Konzerte ausschließlich aus eigenem Material, in dem ab und an Eigeninterpretation von Blues- und Gospelstücken Einzug finden. Bis Herbst wollen sich die Herren auch um eine erste Plattenveröffentlichung kümmern. Und was rotiert derzeit auf den eigenen Plattentellern? „Seasick Steve, R.L. Burnside, Eels, Tinariwen und Neil Young.“ Da haben wir’s doch! Wo war gleich noch mal die Ausfahrt für „Zurück in die Zukunft“?