BANDBESPRECHUNG 12|2012: MARIE SCHWIND & KATHRIN KEMPF
Mehrmals im Monat lädt das Erthaltheater zu seiner Kleinkunst-Reihe Cuvée; unter Stammgästen längst als Treffpunkt für exquisite Abendunterhaltung bekannt. Vier Tage vor Weihnachten wird’s mit den Liedermacherinnen Marie Schwind und Kathrin Kempf besinnlich. Zwei junge Frauen, die beide an einem Album arbeiten, bereits seit Jahren gut befreundet und im Geiste vereint sind, doch in der Musik stilistisch durchaus unterschiedlich sind.
Kathrin Kempf ist unter Kennern der hiesigen Musikszene keine Unbekannte mehr. Ob als Kopf des ehemaligen Akustik-Duos Silent Revolution oder der auf Eis liegenden Power-Pop-Truppe Blindshots. Ihre eingängigen Kompositionen, ihr slackerhaftes Auftreten und ihr authentischer Lokalkolorit kommen an. Nach der Rückkehr eines prägenden Australienaufenthalts schreibt die 26-Jährige ihre Musik primär für sich alleine. Textlich fokussiert sie sich auf die kleinen Dramen des Lebens. „Nichts ist interessanter als Gespräche“, sagt sie. „Der zwischenmenschliche Austausch und die Geschichten, die daraus entstehen, fesseln mich. Die Musik ist für mich dabei so etwas wie Wörterbuch und Landkarte in einem. Sie hilft, meine Gefühle zu entschlüsseln, zu verstehen und mich zu orientieren. Wenn ich Musik höre oder schreibe, bin ich ganz bei mir und fühle mich danach viel klarer als vorher.“ Zwischen der musikalischen Sozialisation innerhalb ihrer musikbegeisterten Familie, irgendwo zwischen Kirchenchor, Grunge und 80s-Synthiewave, fühlt sich die gelernte Erzieherin sehr mit der amerikanischen Sängerin Ani Di Franco verbunden. „So klug, gesellschaftskritisch, hintergründig, humorvoll und doppelbödig in einer fast eigenen Sprache zu singen, war wahnsinnig inspirierend. Da wusste ich: Ich will auch meine Sprache finden und damit die Dinge ausdrücken, die mich bewegen.“
Während Kempf bevorzugt in englischer Sprache singt, schreibt die 26-jährige Marie Schwind ihre Stücke auf Deutsch. Immer mit dabei: Gitarrenbegleitung. Bereits seit zehn Jahren musikalisch aktiv, ließ sie ihre Balladen und Geschichten reifen und präsentierte sich erst vor Kurzem dem hiesigen Publikum. „Seit ich mit meiner Musik an die Öffentlichkeit gegangen bin, ist es für mich wie offenes Tagebuchschreiben. Selbst habe ich ja auch gemerkt, dass mir andere ,aus der Seele gesungen‘ haben. Das hat mich oft regelrecht beflügelt oder gar ,geheilt‘.“ Maries klare, engelsgleiche Stimme transportiert Wehmut, Sehnsucht und Kummer, besinnt sich auf die ruhigeren, nachdenklichen Momente des Lebens und schafft in den intimen Augenblicken effektvolle Ergriffenheit. „Ich hoffe, dass ich anderen mit meiner Musik etwas mitgeben kann und dass sie sich in meinen Texten erkennen können. Aber dafür müssen sie sich zurücklehnen, zuhören und vor allem sich einlassen wollen, auf sehr persönliche Musik.“