
FOTO: Felix Vorbeck
BANDBESPRECHUNG 10|2011: NANOO
Seit dem 16.9. gilt in Aschaffenburg-City eine neue Zeitrechnung innerhalb der HipHop-Kultur. Der erste Underground-Sampler ist mit einem großen Knall erschienen. Die Szene mobilisiert. Die Reimelieferanten in aller Munde – allen voran der 21-jährige Christian Blos alias Nanoo aus Goldbach. Ausgestattet mit reichlich Charisma, selbstironischer Attitüde und nie still stehender Zunge, hat der „Rap-Jungvater“ den Sprachrohrposten der lokalen Hood übernommen.
Vor allem bringt Nanoo zweierlei mit: reichlich Talent und frische Ideen. Nicht umsonst gewann der Rapper 2009 bei der Rheinkultur den Award als „Bester MC im Freestyle“, auch bei lokalen Jams ist er stets vorne dabei und machte sich innerhalb der Internetszene schnell einen Namen – nach ersten Gehversuchen mit den Fröhlichen Rapkumpels, anarchischen Teilnahmen auf der Splash-Talents-Bühne und diversen Kollaborationen mit unterschiedlichen Aschaffenburger MCs. Ab sofort lässt Nanoo die Spaßkeule im Keller und will mit seiner Musik nach vorne.
„Klar will ich raus aus Aschaffenburg. Ich mach das Ding jetzt seit meinem 14. Lebensjahr. Aber gerade jetzt, wo HipHop hier heiß läuft, ist die richtige Zeit, nach vorne zu denken und mit deinem Material in die Öffentlichkeit zu gehen!“, sagt er zielsicher und dennoch bodenständig. Denn eines vertritt Nanoo konsequent: Eigenständigkeit. Der Respekt vor den großen Rappern Deutschlands ist zwar vorhanden, dennoch sieht er das Potenzial der Zukunft eher in nie still stehenden Foren der Online-Communitys und talentierten Straßenrappern, die „einfach nicht den Arsch hochkriegen“. Deutscher HipHop hat sich verändert. Der Widerstand der Worte bildet sich heute in den Kleinstädten, um den „Bushidos“ der Nation zu zeigen, wie sehr sie HipHop in den Dreck gezogen haben.
Mit seinem ersten Mixtape, das im November erscheint, vereint Nanoo seine gesamte lokale Posse im Rücken. Das ausschließlich auf seiner facebook-Seite als Download erhältliche Mixwerk weist unzählige Features auf. Da wären Songs mit seinem Partner Roobn, Mody Joe, dem derzeit steil gehenden Rockstah aus Rodgau, Chrizmatic oder Loonatronic. In anarchischer Konzeptfreiheit rappt Nanoo um die persönlichen Befindlichkeiten eines Kleinstadtrappers. Und das sind nunmal Themen, die 21-Jährige von heute beschäftigen: Cybersex, Beziehungsstress, Systemkritik. Der Tradition wegen darf man sich auch auf den ein oder anderen Battle-Track und Nonsens-Rap freuen.
Nanoo bezeichnet sich selbst als Träumer, als feierwütiger Dorfjunge mit der Ambition in die Großstadt zu fliehen. Vielleicht Berlin, wer weiß. Auch ein dickes Lob von A’burg-Ikone Olli Banjo zu seinem Track „Granate“ kann er auf der Haben-Seite verzeichnen. Hier steht ein flammender Youngster mit dem Herz am richtigen Fleck startbereit, Aschaffenburg als HipHop-Stadt zu repräsentieren. Egal ob im Kollektiv, als Duo oder eben Solokünstler, Freestyle oder Konzept. „Ein Augenzwinkern bringt dich oftmals weiter, als verbissenes Pseudoimage.“