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1996 – was für ein Jahr! Mit viel Schatten und einigen Lichtblicken, gerade in musikalischer Hinsicht. Sehr schattig wurde es spätestens, als die deutschen Durchschnittshörer mit „Macarena“ und „Coco Jambo“ zwei Nummern auf den Thron der Charts hievten, gegen die ein Andrea-Berg-Song in Bezug auf inhaltliche Tiefe wie eine Doktorarbeit der Philosophie anmutet.
In Sachen Lichtblick(en) wurden im Gegensatz dazu gerade auf regionaler Ebene viele Lampen angeknipst, unter anderem wuchs die Szene der lokalen Bands und Projekte beinahe täglich. Da kam das neugegründete Musikbüro im JUKUZ gerade zur rechten Zeit, denn es hat sich als zentrale Anlaufstelle, die nicht nur bei Fragen und Problemen mit Rat und Tat zur Seite steht, sondern sich mit diversen Aktionen, Angeboten und Konzertreihen als aktive Förderinstitution einbringt, bis heute bewährt. Seit dem ersten Tag mit Herzblut, Engagement und unermüdlichem Einsatz im JUKUZ Musikbüro für die regionale Musikszene am Start: Steffen Gerlach. Und ganz nebenbei ist ebendieser auch das lebende Musterbeispiel für die These, dass Musik jung hält – schließlich sieht er, bis auf handgezählte sieben graue Haare in der Wuschelmähne, so aus, als wäre er in den vergangenen 23 Jahren keinen Tag gealtert. An mangelnder Arbeit kann dies jedoch nicht liegen, immerhin ist das Angebot seines Musikbüros sehr umfassend: Er organisiert Konzerte sowie auch Reihen von Sound Season, FreeBirdStage oder Night-shift, genauso wie interessante Workshops und Musikerflohmärkte, stellt Proberäume zur Verfügung, begleitet und berät (Band-)Projekte und hilft bei der Kontaktanbahnung zwischen zukünftigen Bandkollegen. Weiterer Schwerpunkt seines Tuns ist es, den Output der lokalen Bands in vielfältigster Art und Weise zu promoten.
In diesem Zusammenhang stellt Steffen seit geraumer Zeit Playlisten für die entsprechenden sozialen Netzwerke zusammen, in denen das aktuellste Material der einheimischen Bands zusammengefasst wird, und macht das groovende Aschaffenburg damit „auf einen Klick“ für alle hörbar. Neben ABhörn-Listen auf Youtube, Bandcamp oder Soundcloud gibt’s natürlich auch eine entsprechende 2019er-Spotify-Playlist, in der sich alles Neue tummelt, was in A’burg und Umgebung verwurzelt ist. Da treffen sich Rap und Metal, Singer/Songwriter und Hardcore, Funk und Prog, Punk und Schlager, Trance und Pop, Newcomer und überregional bekannter Act. Das ist bunt, laut und nichts weniger als der spannende Querschnitt der hiesigen Musikszene abseits der allgegenwärtigen Coverbands. Was aber auch heißen kann, dass man beim Durchhören von jetzt auf gleich vor hörtechnisch knifflige Aufgaben gestellt wird. Beispielsweise hat man gerade noch „Can’t quit“ von Tigercage im Ohr, das sich als Punkhymne in bester Therapy?-Manier ins Hirn fräst – und schon versorgt uns das Aschaffenburger Schlagerurgestein George Wind mit der Weisheit „Einer muss da sein, für den du lebst“. Auch eine Hymne, zumindest für Fans der Amigos und Konsorten. Gerade wenn man das verinnerlicht hat, gibt’s feinsten Power-Metal der Alzenauer Thornbridge auf die Kalotte. Die Liste mal unvoreingenommen von vorne bis hinten durchzuhören, kann riesen Spaß machen!
Die Reihenfolge kommt im Übrigen aus einem ganz einfachen Grund so zustande: Bekommt Steffen neues Material, springt dieser Song auf Platz eins der Liste. „Viele Acts arbeiten nicht mehr auf ein komplettes Album hin, sondern veröffentlichen gerne einzelne Songs. Dies dann aber regelmäßig“, erklärt er uns. Sollte dies der Fall sein, kommt die neue Single in die Playlist, die zuletzt vertretene Nummer des Künstlers fliegt raus. Sollte ein komplettes Album veröffentlicht werden, wählt Steffen eine repräsentative Nummer für die Playlist aus. So ist gewährleistet, dass jeder Künstler immer nur mit einem Song (und dafür mit dem aktuellsten) in der Jahresplaylist vertreten ist.
Beim Durchhören fallen zwei Punkte sehr schnell auf: Zum einen ist da die durchgehend sehr hohe Qualität in Sachen Produktion. Mit Proberaum- oder Kellerstudio-aufnahmen, über die mal schnell feucht drübergewischt wurde, hat das alles nichts (mehr) zu tun. Hier setzt sich in Sachen Aufnahme und Produktion eine Entwicklung fort, die auch im musikalischen Bereich an sich festzustellen ist, denn das grundsätzliche Niveau hat sich ebenfalls rasant nach oben entwickelt. So ist das -Level der Instrumentalisten um einiges höher als noch vor 15 Jahren, was sich hinsichtlich der elektronischen Beats im Übrigen eins zu eins übertragen lässt. Auffälligkeit Nummer zwei ist der Trend zu deutschen Texten. Klar, hier gibt es im Big Business des Mainstream-Pops eine entsprechende Mode, aber unterm Strich hat gerade auch das wachsende Genre des Deutschraps einen entsprechenden Anteil an dieser Tatsache. Dementsprechend sind auch aus diesem Bereich heimische Künstler auf der Playlist vertreten.
Kurzum: Steffen hat bereits jetzt – und das Jahr ist ja noch lange nicht vorbei – im Netz ein aussagekräftiges Kaleidoskop der aktuellen, heimischen Musikszene geschaffen, das unbedingt entdeckt werden will. Einfach mal bei Spotify reinklicken, Playlist „ABhörn 2019“ aufrufen, zurücklehnen und Aschaffenburg hören.
Im Schnelldurchlauf (Bisher gelistete Acts t.b.c. Stand 22.7.):
2ara; Antinger; Christoph Gudzik; DJ Matrix; Dope, Cracko, Sali; ECF; Effikicks; Erdem Pancarci; Flax; FlowTastic; Frame of Mind; FU41; George Wind; Jamok Einz; J.O.Y.; Kahro; Kramer; Lil’ Randy; LindtBennett; Markus Rill & The Troublemakers; Markus Vollmer; M!NDRSH; Morten & Holy Modee; Padrino; Patrikk; Phonodrive; Poca; Precipitation; Pulver; Qima; Rockstah, Ahzumjot, Lance Butters, Nanoo; SAMY, PHARAO; Sugarcoat for the Monster; Sven Garrecht; Tektula, Otu; Tektula; The Country Mens; The Governors; The Wild Rumble; Thornbridge; Tigercage; Together; VIVIEN, MONRATH; VIVIEN