1975 als Jugendinitiative unter Anleitung des damals ortsansässigen Pfarrers ins Leben gerufen, wurde die Spessartbühne 1981 gemeinnützig. Es folgten etwa 650 Erwachsenentheater-, 130 Kindertheater-, 45 Jugendtheater- und 30 Fremdvorstellungen bis in die Gegenwart. Alles begann mit dem Stück „Aktenzeichen XY – ungelöst“. Damals aufgeführt im Pfarrheim Mespelbrunn. Es folgte der Umzug in die Mehrzweckhalle im Haus des Gastes bis im Jahr 2002 das aktuell bespielte Gebäude in quasi Eigenregie und -leistung vor dem Verfall gerettet wurde. Seit 1985 performt das Ensemble hin und wieder unter freiem Himmel. Vor allem die dramaturgische Adaption des populären Romans „Das Wirtshaus im Spessart“ wurde in regelmäßigen Abständen in der Kulisse des Wasserschlosses – die Touristenattraktion des Spessartdorfs und teilweise Schauplatz der Handlung selbst – aufgeführt.
FRIZZ Das Magazin: Mit dem Wasserschloss gibt es schon eine Verbindung mit dem Roman „Das Wirtshaus im Spessart“. Willst du uns erzählen warum auch die Postkurve eine bedeutende Location für das Stück Literatur ist?
Herbert Schüßler: Ja, es ist mittlerweile anerkannt, dass die Postraße, die damals zwischen Frankfurt und Prag beziehungsweise Nürnberg verlief, hier direkt am Haus vorbeiging. Deshalb wurde dieses Posthaus 1812 gebaut – war Posthalte- und Pferdewechselstation. Als Wilhelm Hauff 1824 von Nördlingen nach Frankfurt reiste, machte er hier Halt. In seinem Buch wird das Gebäude genauso beschrieben wie das Haus hier. Als langes schmales Gebäude mit Kachelofen und der Stiege hoch ins Obergeschoss. Es ist eindeutig, dass er dieses Haus besucht und in seinem Roman verewigt hat. Auch den Pferdestall, den man erreichte, indem man um das Haus herumging. Das ist alles historisch belegt.
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Spessartbühne e.V.
2025 feiert ihr 50-jähriges Jubiläum. Seit wann bist du mit dabei?
HS: Seit 50 Jahren. (lacht) Ich bin Gründungsmitglied. Von Anfang an. Ganz zu Beginn haben wir für ein Jahr im Pfarrheim gespielt, dann ist das Haus des Gastes gebaut worden – 1976/77. Wir sind gleich rübergewandert und haben 23 Jahre dort weitergemacht.
Wie hast du die Entwicklung des Vereins wahrgenommen?
HS: Es ist inzwischen ein großer Verein. Man kann aber nicht unbedingt sagen, dass deshalb mehr Aktive dabei sind. Die Schauspieler bilden einen kleinen Trupp – vielleicht 25 bis 30 Leute, die regelmäßig Theater spielen. Eigentlich bräuchten wir dringend (betont nachdrücklich und lacht dabei) junge Leute. Dringend.
Wenn wir schon beim Thema sind: Wie sieht es aktuell mit jungem Nachwuchs aus? Theater ist ja – wirklich leider – nur noch selten in den Köpfen der Kids von heute. Gibt es da Fördermöglichkeiten bei euch?
HS: Wir fangen jung an mit dem Kindertheater und versuchen, von ganz unten aufzubauen. Lina, unsere Bundesfreiwilligendienstleistende, ist derzeit unsere Kindertheatermacherin. Sie spielt selbst schon lange Theater und bei ihr hoffen wir, dass sie den Sprung ins Erwachsenentheater schafft. Das ist unsere Hoffnung. Bei den Jungs hapert es da leider mehr.
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Bleiben wir bei den jungen Jahren. Ich kann mich selbst noch an Open-Air-Aufführungen des „Wirtshaus im Spessart“ mit dem Wasserschloss als Kulisse in meiner Kindheit erinnern. Gibt es da irgendwann vielleicht ein Comeback?
HS: Die Bürgermeisterin und das Team des Spessarträuberlands sind ständig an uns, dass wir es wieder umsetzen, aber es liegt nicht an uns. Die örtlichen Gegebenheiten lassen das Errichten einer Tribüne nur sehr schwierig zu. Die Gräfin ist leider auch nicht bereit, uns wirklich entgegenzukommen. Das Orga-Team ist inzwischen auch zu alt. Wir bräuchten die Gemeinde und das Spessarträuberland als Mitorganisatoren. Die Bereitschaft ist in diesem Punkt noch nicht so groß, dass wir uns auf das Theater konzentrieren können und der Rest von anderen übernommen wird. Außerdem haben sich die Zeiten etwas geändert. Überall wird Freilichttheater umgesetzt und dann immerzu das gleiche Stück zu präsentieren, ist nicht mehr genug. Denke ich.
Das aktuelle Stück „Nonnenpoker“ ist quasi seit Ankündigung restlos ausverkauft. Wird die nächste Eigenproduktion schon geplant?
Lina Geis: Wir haben jetzt das Kindertheaterstück. Ende April soll die Premiere und über den Mai verteilt an den Wochenenden die Vorstellungen stattfinden. Das Stück heißt „Super Mario rettet Frau Holle“ und wurde 2019 schonmal gespielt, aber leider wegen Corona unterbrochen. Deswegen machen wir noch ein paar Vorstellungen – allerdings mit einer anderen Besetzung. Damals habe ich selbst in einer Hauptrolle mitgespielt und diesmal bin ich in der Regie.
Gibt es Möglichkeiten bei euch, das Format Theater als Laie für sich zu entdecken und selbst ein Bisschen schauspielerisch mitzumischen?
HS: Klar.
LG: Für neue Leute sind wir immer offen.
HS: Definitiv. Und speziell bei Lina jetzt – sie macht bei ihrem ersten Erwachsenenstück mit – sie wollte erst Souffleuse sein und ist jetzt mehr integriert. Es ist durchaus möglich, mit einer kleinen Rolle zu starten. Wir nehmen auch an vielen Fortbildungen des Bayerischen Amateurtheatervereins teil. Mit wirklich sehr qualifizierten Referenten und Kursen, bei denen man viel beigebracht bekommt. Wir haben hier ein gutorganisiertes Amateurtheater. Auch Linas Bufdi wird vom Verband sehr gefördert.
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Kannst du mehr zu dem Bundesfreiwilligendienst erzählen? Wie läuft das ab?
LG: Eigentlich bin ich nicht hier Bufdi sondern beim BDAT. Der Sitz ist in Berlin und hier ist meine Einsatzstelle. Ich habe eine 30-Stunden-Woche und erledige im Theater verschiedene Tätigkeiten – von Getränkeauffüllen, über Stühlestellen bis hin zu Soufflieren und der Regie im Kindertheaterstück. Über das ganze Jahr verteilt habe ich 25 Bildungstage. Die muss ich absolvieren und an fünf davon habe ich schon teilgenommen. Das war ein politisches Seminar im Bildungszentrum in Bad Staffelstein. Und so bilden sich dann auch die restlichen Bildungstage mit anderen Themen. Man ist nicht nur an der Einsatzstelle, sondern lernt außenrum noch viel dazu.
HS: Lina ist auch die jüngste, die jemals als Bufdi bei uns war. Es ist schön, dass das geklappt hat. Wir würden uns wirklich über mehr interessierte junge Leute freuen. (betont nochmal nachdrücklich und lacht dabei)
Mit einem formatübergreifenden Line-Up über das ganze kommende Jahr hinweg habt ihr namhafte regionale Künstler für die Postkurve organisiert. Auf wen freut ihr euch persönlich am meisten?
HS: Ich als alter Harry-Kunde – Soulfire. Da freu ich mich schon sehr. Auch die Jackaroos sind klasse. Schlongonges ist fast schon ausverkauft. Alle anderen eigentlich auch. Die zwei Tabutanten waren schonmal da und sind sehr sympathisch.
LG: Bei mir genauso.
HS: Sie ist eine Rockerin, auch wenn man es ihr nicht ansieht. (lacht)
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Gibt es Planungen, Externa nach dem Jubiläumsjahr öfter in die Spessartbühne zu holen?
HS: Ja, das hatten wir schon länger vor. Wir haben mit den Jackaroos vor drei Jahren angefangen. Die Tabutanten und Simone Hasenstab waren schon da. Der Saal ist zu schade für „nur“ 20 Theateraufführungen im Jahr. Es ist ein tolles Theater und die Leute sind immer begeistert. Ich denke, wenn wir die Probleme, die wir gerade mit den Vermietern haben, lösen können, dass wir auf jeden Fall auch in Zukunft mehr machen.
Mit einem tollen Restaurant direkt angrenzend seid ihr eins der wenigen letzten kulturellen Magnete des Dorfs. Wie seht ihr euch dabei, Mespelbrunn immer wieder neues Leben einzuhauchen?
LG: Man merkt, dass nebenan der ganze Raum vollsitzt, wenn wir eine Vorstellung haben.
HS: Das ist eine gute Ergänzung. Ein Theater und direkt nebenan eine Gastwirtschaft. Das sind auch sehr nette Leute. Aber die Ungewissheit mit den Vermietern bringt auch uns ins Schwanken. Hoffentlich können wir die 30 Jahre an dieser Stätte noch vollmachen.
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Kommen oft auswärtige Besucher zu euch?
HS: Nur.
LG: Ich kann mich an eine Situation erinnern, als ich heimgelaufen bin und an einem anderen Gasthaus vorbeigekommen bin. Da haben alle Leute angefangen zu klatschen, weil sie mich von der Vorstellung vorher wiedererkannt haben. Die kamen nicht von hier, sondern haben ihren Urlaub hier verbracht.
HS: So ein Theater ist eine Bereicherung. Ich glaube, so wie wir sind, sind wir hier draußen einzigartig. 50 Jahre ist eine Hausnummer. Dass wir solange weitergemacht haben. So viel inszeniert haben. Ich hoffe, dass wir uns auch noch lange halten können.
Das wünscht auch FRIZZ Das Magazin und bedankt sich für das nette Gespräch über die Spessartbühne, den Verein und das 50-jährige Jubiläum.
Termine zum 50. Jubiläum
- Sa., 4.1., 20 Uhr: Jackaroos; supp. Deifelsound
- Sa., 22.3., 20 Uhr: Die Tabutanten
- Sa., 29.3., 21 Uhr: Soulfire
- Sa., 25.10., 20 Uhr: Schlongonges
- Sa., 22.11., 20 Uhr: Susanne Hasenstab und Emil Emaille