Welch tolles Jubiläum: Der Weltladen in Aschaffenburg feiert sein 40-jähriges Bestehen! Die Institution für fairen Handel und nachhaltige Produkte hat eine spannende und beeindruckende Geschichte hinter und eine großartige Zukunft vor sich. Wir durften uns das einmal näher anschauen.
Vier Jahrzehnte Weltladen Aschaffenburg – ein wirklich wunderschönes Jubiläum gibt es gerade in Aschaffenburgs schönster Gasse (ist die Treibgasse schließlich auch Heimat der FRIZZen) zu feiern. Und ein wirklich bemerkenswertes noch dazu! Denn auch wenn 1981 schon bereits zwölf Jahre seit der Eröffnung des ersten Weltladens auf europäischem Boden vergangen waren, zählt der Aschaffenburger Weltladen doch zu den Vorreitern in Deutschland – denn in seinem Geburtsjahr gab es weit weniger als 100 vergleichbare Spots für fairen Handel in der Republik. Zum Vergleich: Heute sind es rund 900 deutschlandweit.
Und es war Sommer … die Anfänge
Doch zurück zu den Anfangstagen in unserer kleinen, feinen Stadt. Im Juli 1981, die durch das Aufflammen des Kalten Krieges entstehende Friedensbewegung führte auch hierzulande zu einer teilweisen Sensibilisierung der Gesellschaft für die Belange der restlichen Weltbevölkerung, gründete sich in Aschaffenburg der „Dritte-Welt-Laden Aschaffenburg e. V.“. Initiiert wurde die Gründung durch einige Mitbürger, die voller Idealismus und Tatendrang etwas für die „armen Mitmenschen“ in den sogenannten Drittweltländern tun wollten. Bereits vier Monate nach der Gründung öffnete der erste eigene Laden für fair gehandelte Waren in der Merkelstraße, irgendwo im nirgendwo zwischen City-Galerie und Hohenzollernring, seine Türen. Mit der heute herrschenden, professionellen Aufstellung des Projekts hinsichtlich Orga und Warenangebot hatten die Anfangstage freilich nichts zu tun. Die Produktpalette war viel kleiner und der fair gehandelte Kaffee und Tee unterlag großen Qualitätsschwankungen. Oder wie es die Macher selbst mit einem Augenzwinkern sagen: „Zum Genuss der angebotenen Kaffees und Tees gehörte eine gehörige Portion Idealismus!“ Was den Verein tatsächlich schlicht noch sympathischer macht.
Alles neu macht die Treibgasse
Seit dieser Zeit hat sich viel getan. Im April 1987 erfolgte zuerst der Umzug in die Innenstadt, an den heutigen Standort in die Treibgasse. 1996 wurde der Name in „Weltladen für fairen Handel“ geändert. Seit dem Umzug Ende der 80er stieg nicht nur der Bekanntheitsgrad, sondern auch der Umsatz und dementsprechend der Ertrag, der seit Anbeginn des Vereins und des Ladens in Entwicklungsprojekte gespendet und/oder investiert wird.
Auch seit den ersten Tagen verfolgt der Verein nicht nur den Zweck des Ladenbetriebs, sondern hat sich zudem als weitere Säulen die aktive Informations- und Bildungsarbeit sowie die Beteiligung an entsprechenden politischen Kampagnen auf die Fahnen geschrieben. Vorträge und Aktionen an Schulen und VHS, auf Öko- und Weihnachtsmärkten gehören hier ebenso dazu wie die Mitarbeit in der Steuerungsgruppe der Stadt Aschaffenburg auf ihrem Weg zur Fair-Trade-Stadt. Dass diese Arbeit für eine faire, globale Gesellschaft wahrlich ausgezeichnet ist, beweist unter anderem der 2001 verliehene Agenda-Preis der Stadt Aschaffenburg.
Der Weltladen im Hier und Jetzt
Der Weltladen in der Treibgasse ist wohl das, was man gemeinhin und mit einer großen Portion Stolz als Erfolgsgeschichte betiteln kann. Die Vielfalt und die Qualität der angebotenen Waren konnte seit der Gründung nicht nur stetig ausgebaut werden, vielmehr ist der Weltladen inzwischen A’burgs führendes Fachgeschäft für fair gehandelten Kaffee mit über 25 Sorten, gemahlen oder als Bohnenkaffee. Die treue Stammkundschaft schätzt aber auch das Angebot an weiteren Lebensmitteln wie Reis, Wein, Wurst und Schokolade sowie Geschirr, Dekoartikel, Kleidung, Schmuck, Taschen und CDs. Zudem werden seit geraumer Zeit nicht nur Produkte aus Entwicklungsländern ein- und verkauft, sondern auch fair, nachhaltig und unterstützenswert produzierte Waren aus mitteleuropäischen Gebieten. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass der Weltladen auch die fordernde Corona-Zeit verhältnismäßig gut überstanden hat, was an der stetig steigenden Zahl an treuen und bewussten Stammkunden liegt.
Wer den schönen Laden in der Treibgasse besucht, wird von einem der circa 30 ehrenamtlichen Mitarbeitern des Weltladens fachgerecht bedient, zudem gibt es je eine Minijob-Stelle im Verein für die Koordination, die Informations- und Bildungsarbeit sowie die Buchhaltung. Insgesamt engagieren sich im „Weltladen für faires Handeln e. V.“ aktuell knapp 70 Mitglieder – eine davon ist Berit Schurse, die FRIZZ Das Magazin für einige Fragen Rede und Antwort stand …

© Till Benzin
Berit Schurse
Berit Schurse, Mitglied Weltladen für faires Handeln e. V.
FRIZZ Das Magazin: 40 Jahre Weltladen, welch tolles Jubiläum! Hattet ihr zur Gründung 1981 mit irgendwelchen gesellschaftlichen Vorbehalten zu kämpfen? Wie schnell wurde euer Projekt/Laden damals akzeptiert und wieviel Anstrengung hat es gekostet, eure Idee unter die Leute zu bringen?
Berit Schurse: Die Gründung zu Beginn der 80er-Jahre fiel in eine Zeit, in der sich viele Menschen Gedanken um die Ungerechtigkeiten in der Welt allgemein und im Welthandel im Besonderen machten. Die Gründung eines Weltladens auch in Aschaffenburg war hier letztlich ein logischer Schritt, der auf Zuspruch vor allem in der jungen Bevölkerung und in den Kirchengemeinden stieß. Von Anfang an beruht die Weltladen-Bewegung auf den drei Säulen Handel, Informations- und Bildungsarbeit sowie politische Kampagnen. Durch das breite Spektrum an Aktivitäten wurde die Idee recht schnell bekannt. Nichtsdestotrotz kennen uns selbst heute – nach 40 Jahren – viele Aschaffenburger noch nicht, was vermutlich auch unserer Lage in der Treibgasse, etwas abseits von den Haupteinkaufsstraßen, geschuldet ist.
Ist das Thema „bewusstes und nachhaltiges Konsumieren“ inzwischen in der Gesellschaft angekommen oder ist hier nach wie vor viel Aufklärungsarbeit zu leisten?
Dass das Thema mittlerweile angekommen ist, zeigen nicht zuletzt die zahlreichen fair gehandelten Produkte, die man in Supermärkten und Discountern findet. Meist mit dem Fairtrade-Siegel, das lediglich das jeweilige Produkt zertifiziert, aber oftmals auch von den klassischen 100% fair-Händlern des fairen Handels der Weltläden wie z. B. „gepa“ oder „Weltpartner“.
Welche sind eure Ziele für die nächsten Jahre?
Gerne würden wir in eine bessere Lage (und vielleicht auch größeres Ladenlokal) ziehen. Leider lassen das die Mietpreise jedoch nicht zu. Wir hoffen auf eine Vermieterin/einen Vermieter, die oder der bereit wäre, durch eine für uns zahlbare Miete unseren Verein zu unterstützen. Uns gibt es ja nun bereits seit 40 Jahren, und wir hoffen, dass noch viele Jahre hinzukommen werden – wir wären also langfristige Mieter.
Gibt es eine Anekdote/Begebenheit, an die ihr euch noch lange zurückerinnern werdet?
Ganz besonders in Erinnerung bleiben natürlich immer die Besuche von Produzentinnen und Produzenten aus den Ländern des Südens. Aus erster Hand zu erfahren, wie es den Menschen dort geht, und welchen Einfluss der faire Handel der Weltläden auf ihren Alltag hat, ist stets Bestätigung und Ansporn für unser Engagement zugleich.
40 Jahre fairer Handel in Aschaffenburg – FRIZZ sagt herzlichen Glückwunsch, dicken Dank für euer Tun und viel Erfolg in den kommenden Jahrzehnten!