Vom kleinen Open-Air auf dem Dorf bis hin zu Großkonzerten in den Stadien, von der Techno-Party bis zum 70.000er-Festival, von der Melomania Obernau bis Rammstein: Überall groovt es, überall massieren die Bässe unsere Seelen, überall wird gefeiert und getanzt. Und überall dort, wo sich Menschen treffen, passieren medizinische Notfälle – so ist das einfach. Wohl dem, der weiß was in solchen Fällen zu tun ist. Für alle anderen haben wir die häufigsten und/oder wichtigsten Fälle mal aufgelistet, bei denen Erste Hilfe angesagt ist – und euch einen kleinen Guide in der Festival-Edition zusammengestellt.
Allgemeine Verhaltensweisen und Infos
Bevor wir auf die Details eingehen, hier einige Tipps und Hinweise für die Ersthelfer (also für uns alle), die auf alle der unten genannten möglichen
Notfälle global zutreffen:
Keine Angst vor „falscher“ Hilfe: Jede Hilfe, auch wenn sie nicht nach Highend-Klinik-Standards abläuft, ist besser als keine Hilfe! Es gibt keine falsche Hilfe!
Apropos keine Hilfe: Unterlassene Hilfeleistung ist strafbar! Just saying.
Stabile Seitenlage: Kommt hier im Text häufiger vor. Vergesst die Variante, zu deren Herstellung ihr am besten noch Lineal und Zirkel zur perfekten Ausrichtung der Arme und Beine benötigt habt. Einfach schauen, dass der Patient auf der Seite liegt, nicht von alleine auf Bauch oder Rücken rollen kann und der Kopf leicht nach hinten gedehnt ist. Wenn das so ist, seid ihr schon ganz weit vorne dabei.
Lasst einen Patienten niemals, unter gar keinen Umständen, never ever irgendwo alleine zurück. Niemals!
Sucht euch Helfer und Buddys in Rescue, teilt euch Aufgaben auf (einer bleibt beim Patienten, einer holt die Rettungskräfte, die anderen schirmen das Geschehen gegen Gaffer ab).
Redet mit den betroffenen Personen, spendet Trost und vermittelt ihnen das Gefühl, dass sie nicht alleine sind. Schon das ist ein unfassbar wichtiger Bestandteil der ersten Hilfe!
Sonnenstich / Hitzschlag
Euer Lieblings-Open-Air hat zu viel Glück mit dem Wetter und die Sonne knallt von früh bis spät? Eure Buddys haben fürs Infield zwar an Geld, Handy und eine Hose gedacht, aber Mütze/Strohhut/Bierhelm galant im Zelt oder Auto vergessen? Neben vorbeugenden Maßnahmen wie maximaler Flüssigkeitszufuhr (Wasser! Ohne! Alkohol!), der Suche nach Schattenplätzen und dem eigenen Shirt als Sonnenschutz solltet ihr unbedingt darauf achten, wie es euch auch nach Sonnenuntergang geht. Denn ein Sonnenstich oder gar Hitzschlag kommt gegebenenfalls mit Verzögerung, dafür aber mit Wucht! Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit können Symptome eines Sonnenstichs sein.
· Betroffene sofort in eine kühle Umgebung bringen und dort hinlegen lassen.
· Achtet auf eine erhöhte Kopfposition.
· Kopf und Nacken mit feuchten und kühlen Tüchern bedecken.
· Trinken ist gut, aber nur wenn der/die Betroffene bei klarem Bewusstsein ist!
· Umgehend Sanis verständigen!
Achtung: Scheint die Körpertemperatur außer Kontrolle zu geraten und steigt innerhalb weniger Minuten stark an, oder ist die Person verwirrt, schläfrig oder bekommt Krämpfe, kann ein Hitzschlag der Grund sein! Hier droht nicht nur Bewusstlosigkeit, sondern auch Lebensgefahr!
· Sofort Sanis/Notarzt/Rettung verständigen!
· Mit allem kühlen, was da ist.
· Bei Bewusstlosigkeit sofort in eine möglichst stabile Seitenlage bringen!
Schnitt- und Schürfwunden
Brauchen wir euch nicht großartig erklären, oder? Neben Insektenstichen wohl die häufigste Verletzungsform bei Konzerten, Festivals und Open-Airs.
Die zerbrochene Bierflasche, die scharfe Kante an einer Absperrung, mit dem Flip Flop irgendwo hängengeblieben – Möglichkeiten, sich zu schneiden oder galant auf die Fresse zu legen, gibt’s massig. Und wo kein Pflaster und kein Trösteschnaps mehr helfen, gibt’s trotzdem ein paar wichtige Regeln zu beachten. Denn sonst kann auch eine kleine Wunde große Auswirkungen haben.
· Bleibt mit euren ungewaschenen Festivalgriffeln von der Wunde weg. Die Gefahr einer Blutvergiftung ist größer als ihr denkt.
· Sollte die Blutung massiv sein, nicht nachlassen. Sollte es zu Bewegungseinschränkungen oder gar Lähmungserscheinungen kommen, dringend Sanis / Arzt hinzurufen! Könnte nämlich sein, dass Sehnen oder Nerven getroffen wurden.
· Die Person in sitzende oder liegende Haltung bringen und betroffenes Körperteil nach Möglichkeit hochhalten.
· Bei tiefen Schnittverletzungen die Wunde bis zur fachgerechten Versorgung mit einem sauberen Wundverband bedecken.
Quetschungen, Risse, Knochenbrüche
In der Wall of Death zur falschen Zeit an der falschen Stelle, beim Flirt mit der hübschen Unbekannten ihren Freund übersehen oder ohne Taschenlampe
· Die betroffene Körperstelle ruhigstellen und möglichst nicht bewegen.
· Kühlung durch nasse Tücher, Kühlpacks etc. ist nie verkehrt.
· Bei Brüchen die verletzten Gliedmaßen umpolstern. Dazu eignen sich festgerollte Kleidungsstücke, Decken, Kissen usw.
· Auf keinen Fall eigenhändig die Bewegungsfähigkeit prüfen oder gar Einrenkungsversuche unternehmen!
· Offene Brüche nach Möglichkeit mit einer sauberen Wundauflage bedecken.
· Umgehend Sanis verständigen!
Dehydrierung
Die wohl vermeidbarste Art von Notfällen, denn ihr habt es komplett selbst in der Hand. Und nein, der viele Stunden vor Beginn hart umkämpfte Platz im Golden Circle rechtfertigt nicht, eure Gesundheit in der prallen Sonne aufs Spiel zu setzen! Also, trinkt so viel Wasser wie reinpasst! Oder, falls ihr nicht ausreichend Getränke mitnehmen könnt: Informiert euch vorab, wo die Getränkestände sind oder wie ihr ansonsten an ausreichend Flüssigkeit kommt. Wenn es jemanden in eurem Umkreis trotzdem erwischt, erkennt ihr das an Schwindel, Übelkeit, Verwirrung, Kopf- und Muskelschmerzen und Krämpfen. Spätestens jetzt ist Eile geboten!
· Sofort Sanis UND Notarzt verständigen! Dehydrierung kann lebensbedrohlich sein!
· Person an einem möglichst kühlen Ort zum Liegen bringen. Dies beugt eine Ohnmacht vor.
· Hals, Gesichtsbereich, Handgelenke, Achselhöhlen und Handgelenke mit nassen Tüchern oder Klamotten kühlen.
· Der betroffenen Person schluckweise und langsam (aber stetig) Wasser verabreichen und unbedingt verhindern, dass zu viel Flüssigkeit auf einmal aufgenommen wird. Das kann zu Erbrechen führen und alles nur noch schlimmer machen. Daher am besten der Person beim Trinken helfen!
(Alkohol-)Vergiftung
Beim Punkt Dehydrierung das Wort Wasser überlesen, bei Trinkspielen das Wort Nein vergessen, die eigenen Grenzen nicht auf dem Schirm gehabt oder die Aspirin aus dem Zelt schräg gegenüber war gar keine Aspirin. Was auch immer der Auslöser ist, sollte jemand aus eurem Umfeld kaum noch ansprechbar irgendwo herumsitzen oder -liegen, gehen bitteschön die Alarmglocken an! Aber alle!
· Sofort Sanis UND Notarzt verständigen
· Person in eine stabile Seitenlage bringen und darauf achten, dass der Mund geöffnet ist.
· Wenn die Person noch kann, sollte sie möglichst Wasser in kleinen Schlucken zu sich nehmen.
· Den/die Vergiftete/n wenn möglich warm halten.
· Die betroffene Person sollte nicht einschlafen! Also aufwecken und/oder wachhalten. Hierbei dürft ihr auch eure guten Manieren mal kurz über Bord werfen. Denn wenn sich eine schlafende oder bewusstlose Person erbricht, wird’s schnell richtig brenzlig.
· Auf keinen Fall (auch nicht, wenn Bernd und Katja aus der dritten Reihe der Gaffer das mal bei Greys Anatomy gesehen haben) absichtlich das Erbrechen herbeiführen. Niemals!
· Vielleicht hat irgendwer aus dem näheren Umfeld Infos dazu, was zu dem Vergiftungszustand geführt hat?! Solche helfen den Rettungskräften enorm!
Kreislaufprobleme & Ohnmacht
Man kennt das: Zu große Hitze, zu wenig Flüssigkeit, Platzangst, die Blutjungs in Lack und Leder – und schon kann es einem ganz schön schummrig werden. Wenn ihr mitbekommt, dass jemand trotz normalerweise gesunder Sommerbräune auf einmal weiß wie eure Tennissocken ist, das Wasser aus allen Poren geschossen kommt und die Knie weich werden, macht der stabile Kreislauf dieser Person gerade womöglich überraschend Feierabend. Das solltet ihr nun tun:
· Findet einen Platz, an der sich die Person hinlegen und die Beine hochlegen kann. Durch den Rückfluss des Blutes Richtung Herz kann sich der Kreislauf stabilisieren.
· Zudem verhindert dies, dass sich der Patient/die Patientin bei einem ungewollten Sturz zusätzlich verletzen kann.
Sollte ein Ablegen der Person schlecht möglich sein (da ihr beispielsweise mitten in einer engen Crowd steht), könnt ihr auch das hier probieren. Achtung, Insidertipp:
· Die betroffene Person erzeugt im Stehen eine schnelle Muskelanspannung, die den Blutdruck kurzfristig anhebt und das Gehirn schlagartig mehr durchblutet: Einfach die Beine übereinander kreuzen und Finger beider Hände vor der Brust ineinander verhaken. Dann mit großer Kraft die Arme auseinanderziehen und die Beinmuskeln kräftig anspannen. Dies kann eine drohende Ohnmacht verhindern.
Wenn alles nichts hilft und die Person das Bewusstsein verliert, solltet ihr folgendermaßen vorgehen:
· Nicht selbst in Panik ausbrechen, eine Ohnmacht dauert in der Regel maximal eine Minute.
· Alarmiert sofort die Sanis / Rettung.
· Stellt fest, dass die betroffene Person noch atmet (Checkt die Bewegung des Brustkorbs).
· Die Person in eine möglichst stabile Seitenlage bringen.
· Person regelmäßig ansprechen.
· Person abschirmen, Gaffer vertreiben.
Atem- und Herzstillstand
Wenn bei einer ohnmächtigen oder zusammengebrochenen Person keine selbstständige Atemtätigkeit mehr auszumachen ist, ist der Spaß vorbei. Jetzt zählt jede Sekunde – und jede helfende Hand! Keine Ausreden, kein Wegschauen – so wird jetzt gehandelt:
· Nochmals check, ob vielleicht doch normale Atmung vorhanden ist: Brustkorbbewegung beobachten, auf Atemgeräusche hören, nach Luftstrom fühlen. (Wichtig: Schnappatmung ist KEINE normale Atmung!)
· Tut sich nix? Dann los: Oberkörper der leblosen Person freilegen.
· Neben dem Patienten hinknien.
· Einen Handballen auf der Mitte des Brustbeins aufsetzen, die zweite Hand auf dem Handrücken der Ersten aufsetzen.
· Mit gestreckten Armen und dem eigenen Schwerpunkt über dem Patienten mit der Herzdruckmassage beginnen.
· Mit einer Frequenz von etwa 100–120 pro Minute drücken (das entspricht dem Rhythmus des Songs „Stayin’ Alive“ von den Bee Gees. Aber auch „Highway to Hell“, „Biene Maya“ oder „Quit Playing Games (With My Heart)“ von den Backstreet Boys passen hier prima. Welchen Song ihr nehmt ist völlig egal, Hauptsache ihr drückt)!
· Mit jedem Druck solltet ihr den Brustkorb 5-6 cm Richtung Wirbelsäule bewegen. Nach jedem Druck den Brustkorb wieder hochkommen lassen, ohne die Verbindung zwischen Brust und euren Händen zu verlieren.
· Nach 30x drücken folgt die Mund-zu-Mund-Beatmung:
· Kopf nach hinten überdehnen, Nase zuhalten und deinen geöffneten Mund auf den Mund der leblosen Person pressen
· Für 1 Sekunde Luft in den Patienten pusten, so dass sich der Brustkorb erkennbar hebt.
· Patient ausatmen lassen.
· Noch einmal pusten.
· Danach wieder mit der Herzdruckmassage weitermachen.
· Diese 30:2-Regel so lange fortführen, bis die Rettungskräfte eingetroffen sind.
· Solltet ihr zu zweit oder zu dritt helfen, wechselt euch ab!
· Solltet ihr dem Patienten bei der Herzdruckmassage eine oder mehrere Rippen brechen, ist das nicht schlimm! Gebrochene Rippen sind ein häufiger Kollateralschaden bei einer Wiederbelebung und wirklich gerade das kleinste Problem des Patienten.
Fazit: Merkt euch „Stayin’ Alive“ und 30zu2. Den Rest erledigt euer Adrenalin. Ihr schafft das!
Regelmäßige Erste-Hilfe-Kurse in und um Aschaffenburg (Termine sind online einseh- und buchbar):
Rotes Kreuz
Efeuweg 2, AB-Nilkheim
Johanniter
Badergasse 7, AB
Malteser
Schönbornstraße 38, AB
Arbeiter-Samariter-Bund
Kochstraße 6, AB
DLRG
Gersprenzweg 6, AB-Damm
Schiller Straße 38, Kleinostheim
Pro Life
Ludwigstraße 17, AB
www.pro-lifegmbh.de/aschaffenburg
LUKE’S Erste-Hilfe-Kurs
Im Hotel Wilder Mann
Löherstraße 51, AB
M-A-U-S
Im Novum Hotel Post
Goldbacher Straße 19-21, AB