Herr Büttner hat es schon getan. Gunter Schwind auch. Bei Jürgen Hafner ist es noch gar nicht lange her. Und für Dieter Wolthoff ist es gerade erst vorbei – weil nun Barbara Maierhöfer und Roland Patzak an der Reihe sind, in den Kreis der Auserwählten aufgenommen zu werden: Sie alle gehören zu den Künstlern, die ihre Werke im Ausstellungsraum Nelly 5 seit gut einem Jahr präsentieren konnten oder können – dank Maria Matlok.
Kunstaffin, das sei sie schon immer gewesen. „Schließlich erweitert jene den Horizont,“ davon ist die gelernte Textillaborantin überzeugt. So war die Kunst in all ihren Facetten ein steter Begleiter: 20 Jahre hat sie in der Modebranche gearbeitet, für die Städtische Bühnen Frankfurt GmbH war sie ebenfalls tätig. Und dann die vielen Jahre für den Aschaffenburger Filmverleih Pandora: „Diese Arbeit hat meine Leidenschaft für Kunst noch mehr reifen lassen.“ Doch fehlte währenddessen stets die Zeit, aktiv in das städtische Kunstleben einzugreifen. Als sich jedoch die Möglichkeit für eine Umstrukturierung ergab, zögerte Maria Matlok nicht lange – schien doch ihr Wohnraum wie geeignet für Ausstellungen zu sein …
Wie urban Leben in Hinterhöfen sein kann, zeigt nun Nelly 5 seit November 2010: Im Hinterhaus der Aschaffenburger Nelseestraße 5 befinden sich die Ausstellungsräumlichkeiten, die sich aus einem lichtdurchfluteten Vorraum, Maria Matloks Wohnung und dem dazugehörigen Innenhof, an den ein malerischer Garten anschließt, zusammenfügen. „Hinterhöfe sind nicht nur ungemein poetisch, sondern hier findet oftmals pulsierendes Leben statt – eine Tatsache, die leider oft nicht wahrgenommen wird“, so die Aschaffenburgerin.
Den Innenhof ihres Wohnraumes begreift sie als erweiterten Raum, der den Austausch „Innen zu Außen“ darstellt. Kunst ist ihrer Auffassung nach nicht nur Abbild des Lebens, sondern „Kunst antwortet auch immer auf Kunst“. So verhält es sich für Maria Matlok mit dem Künstler und dem Raum wie mit der Aktion und der Interaktion. Wie mit Innen und Außen. Der Hinterhof der Nelseestraße ist dafür wie gemacht. Jener blickt bereits auf ein langes Dasein als Schreinerei, Strickwarenfabrik und Antiquitätenlager zurück. Auf ein Stück urbanes Leben. Mitten in Aschaffenburg.

FRIZZ Das Magazin Aschaffenburg | Till Benzin
Maria Matlock@Nelly5
Ort des Austauschs
Nun diene dieser Raum der Vernetzung – „er musste belebt werden und wurde so ein Treffpunkt für Künstler, ein Ort des Austausches,“ erklärt Maria Matlok. Wichtig ist ihr, dass Nelly 5 jenes auch bleibt: ein Podium für Künstler. Deshalb vermeidet sie es auch, von einer Galerie zu sprechen. Viel zu förmlich und zu steif, um zu ihrem Ausstellungsraum zu passen. So muss der Besucher auch keine Berührungsängste haben – vielmehr ist man hier Gast, wird unaufdringlich einbezogen und braucht auch das Gespräch mit dem jeweiligen Künstler nicht zu scheuen: „Deshalb sind die Ausstellenden zu den Öffnungszeiten ja auch so oft wie möglich anwesend, um aufkommende Fragen gleich selbst zu beantworten.“ Zudem muss Maria Matlok keine kommerziellen Ziele verfolgen und kann somit frei entscheiden, welchen Künstlern sie eine Plattform offeriert. Viele ihrer Freunde sind bekannte Künstler, oftmals wird sie aber auch telefonisch kontaktiert oder ihr werden Mappen mit Arbeitsproben überreicht. Bei einem persönlichen Gespräch merkt Maria Matlok dann meistens sehr schnell, ob der Künstler zu Nelly 5 passt oder nicht: „Die jeweiligen Arbeiten müssen an meine Seele gehen,“ erläutert sie. Berührung als alleiniger Entscheidungsgrund. Erst dann gibt sie der Fantasie des Künstlers einen realen Raum.
Von Bedeutung: Vielfalt
Zu Beginn sei es ihr wichtig gewesen, regionalen Künstlern ein Forum zu bieten. Doch Stück für Stück möchte sie nun den Radius erweitern. Wert legt sie für die Zukunft – wie bislang auch – auf „die Unterschiedlichkeit der künstlerischen Arbeiten“: Leise, poetische Arbeiten sollen nach wie vor auf kraftvolle Werke treffen. Ganz gleich ob Malerei oder Bildhauerei: Vielfalt ist Maria Matlok wichtig. In den letzten Monaten trafen so Herr Büttner („Ein Mann. Ein Fisch. Ein Ziel.“ – Urban-Art-Ausstellung im Januar 2011), Gunter Schwind („The Head Project Phase 3, Kopf hoch!“ im September 2011) und Jürgen Hafner („Bilderwelten“ im Oktober 2011) aufeinander. Den Auftakt machte Michael Ücke am 13.11.2010 mit der Ausstellung „Von Tieren und Menschen, Geschichten und Musik“, zu der sich die Lesung mit Stefan Valentin Müller und die Musik von BoB gesellten. Im März 2011 gab es „Innen – Außen“ von den Künstlern der Bergstraße (mit der Liveband Hoffmann Projekt), Dieter Wolthoffs Werke waren bis vor wenigen Tagen zu sehen. Ab 3.12. präsentieren Barbara Maierhöfer und Roland Patzak Malereien und Skulpturen einem interessierten Publikum – samstags und sonntags von 17–20 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung.
Maria Matlok plant Ausstellungen jeweils von September bis April, wobei jede eine Laufzeit von knapp vier Wochen hat. Einmal im Monat soll auch in Zukunft die sogenannte „Künstlertafel“, ein gemeinsames Essen, stattfinden, zu dem der Künstler und die Förderin jeweils acht Leute einladen. Doch auch für Einzelveranstaltungen öffnet Maria Matlok gerne die Tür zum Hinterhof: So fand kürzlich eine Matinee zum Thema Heimat statt, wo es neben einer Diskussion auch Musik, Kunst und regionale Spezialitäten zu entdecken gab.
Lockere, warme Atmosphäre
Für die Aschaffenburgerin ist vor allem die Offenheit der Gäste, die den geschützten Raum im Innenhof der Nelseestraße bislang aufgesucht haben, bemerkenswert: „Das ist ein Zeichen für wirklich städtisches Leben.“ Oder auch Resultat der lockeren und warmen Atmosphäre, die Nelly 5 ausmacht. Die sofort vergessen lässt, dass man sich nicht in den eigenen vier Wänden befindet – sondern eigentlich in der Wohnung von Maria Matlok. In der natürlich auch persönliche Gegenstände nicht fehlen: Findlinge von Spaziergängen am Main mit dem Hund zum Beispiel. Bizarre Formen aus Holz, die – aufgespießt auf Styropor – eine ganz eigene Ausstellung von außergewöhnlichen Einzigartigkeiten darstellen und den Räumlichkeiten eine ungemeine Behaglichkeit verleihen. Oder die Schmuckstücke, die Maria Matlok selbst fertigt. Kleine Kunstwerke der Marke „Recycle-Art“ aus Knöpfen, Perlen und Angelschnüren, die sich im Laufe der Zeit zu extravaganten Ketten zusammenfügen. „Aber in der Nelly 5 soll die Kunst anderer im Fokus stehen,“ betont die Aschaffenburgerin und eilt ans Telefon: Ein Maler bittet um ein Kennenlernen, möchte er doch seine Werke in der Nelly 5 zeigen. Voraussetzung: Seine Kunst schafft es, Maria Matlok zu berühren …