Dass Joaquin Phoenix ein wirklich außergewöhnlicher Mime ist, hat sich längst auch über die Kreise der wirklichen Filmnerds hinaus verbreitet. Wer dennoch einen letzten Beweis benötigt, sollte sich ab Mitte Mai mal drei Stunden Zeit nehmen. Denn am 11.5. läuft mit „Beau Is Afraid“ ein Streifen in den deutschen Kinos an, der bereits vor seinem US-Start von den Kritiken massiv gefeiert und als potenzieller Oscar-Kandidat gehandelt wurde. Satte 179 Minuten dauert die finale Kinofassung des Films, der sich auf völlig neuartige und unkonventionelle Weise zwischen den Genres Psychothriller, Horror und Komödie bewegt und eine geradezu irrwitzige Reise durch das Leben des Protagonisten Beau Wassermann – gespielt von Joaquin Pheonix – beschreibt.
Beau ist zwar ein erfolgreicher Unternehmer, jedoch von paranoiden Zuständen geplagt und tagtäglich in seinem ganz persönlichen Albtraum gefangen. Oder kurz gesagt: Ihm geht´s beschissen. Auch die Medikamente, die ihm sein Therapeut verschrieben hat, bringen nicht wirklich eine Lösung, gar eine Heilung. Gemeinsam mit seinem Arzt bereitet sich Beau auf die Reise zu seiner Mutter vor – ohne zu wissen, dass dieser Trip nichts weniger als eine epische Odyssee sein wird, in dessen Verlauf er auf beängstigend-bizarre Weise mit seiner Vergangenheit, seiner Gegenwart und seiner Zukunft konfrontiert wird. Sein Leben wird in eine neue, völlig surreale Richtung gelenkt und er wird dazu gezwungen, sich mit seinem eigenen Dasein und den Lügen auseinanderzusetzen, die ihm von seinen engsten Vertrauten erzählt wurden. Und plötzlich ist es für Beau nicht nur eine Paranoia, sondern Realität: Eine Welt voller böswilliger Mächte und unsichtbarer Augen, die jede seiner Bewegungen verfolgen. Alles gerät aus den Fugen, da Beaus paranoide Veranlagungen und sein Temperament gänzlich ungeeignet sind für die Herausforderungen dieses Höllentrip – und gerade dieser Zwiespalt sorgt beim Zuschauer für einen Dauerzustand zwischen Horror und Humor.
Erschaffen hat das Dreistundenepos der Drehbuchautor und Regisseur Ari Aster, der nicht bei Wenigen als einer der erfindungsreichsten Filmschaffenden unserer Zeit gilt und auch für die hochgelobten Werke „Hereditary“ und „Midsommar“ verantwortlich war. Mit „Beau Is Afraid“ hat Ari Aster nun eine mehr als verrückte Vision von Kontrolle, Vererbung und Flucht auf die Leinwand gebannt, die zeitgleich als großartiges Abenteuer wie auch intime Analyse des angstgestörten Protagonisten verstanden werden kann. Doch dieser geradezu kafkaeske Albtraum funktioniert in „Beau Is Afraid“ nur deshalb so überragend, weil mit Joaquin Pheonix der Darsteller die Figur des Beau Wassermann mit Leben füllt, der aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten als Idealbesetzung gesehen werden kann.
Doch auch darüber hinaus ist das Jahrzehnte umfassende Portrait des phobischen Unternehmers Beau überaus beachtlich besetzt: So stehen großartige Darsteller wie Nathan Lane, Amy Ryan, Stephen McKinley Henderson, Denis Ménochet, Parker Posey oder Patti LuPone im Lineup.
Hollywood ist sich sicher: „Beau Is Afraid“ gilt schon jetzt als Höhepunkt des Filmjahres 2023. Also, Kinokarte ziehen, Popcorn unter’ n Arm und nichts wie los in die grusellustige Odyssee!