©Till Benzin
Bäcker
Feuerwehrmann? Polizist? Pilot? Für Markus Brückner keine Optionen. Früher genauso wenig wie heute. Auch exotisch klingenden Studiengängen konnte der heute 29-jährige Goldbacher nichts abgewinnen. Anstatt brotloser Kunst setzt er lieber auf wohlschmeckende Teigwaren – und führt als Bäckermeister und Konditor seit Anfang des Jahres den 1896 gegründeten Familienbetrieb in nun fünfter Generation.
„Keine Magie & Zauberei, sondern Handwerksbäckerei“: Während zum 1.1.2018 die Geschäftsführung einen Wechsel erfahren hat, bleibt die in den Verkaufsräumen auf einem Schild verewigte Marschrichtung dieselbe – ehrliches, solides Handwerk, wie der Vater, so der Sohn. Thomas Brückner, seit 1994 an der Spitze des Familienunternehmens, hat die Bäckerschürze zwar nicht an den Nagel gehängt, mit Sohn Markus allerdings die Positionen getauscht. Vom Chef zum Angestellten und umgekehrt. „Mein Vater wird mir aber weiterhin tatkräftig zur Seite stehen“, erklärt Markus Brückner, der seit Jahresbeginn allerdings nun derjenige ist, der eigenverantwortlich die Goldbacher Bäckerei und Konditorei führt.
Während es für viele Unternehmenssprösslinge durchaus gilt, das Risiko einer Übernahme zu bedenken und Für und Wider abzuwägen, hat Markus nicht lang gefackelt: „Für mich war immer klar, dass ich den Betrieb übernehme!“ Und so war es auch nur konsequent, dass der Goldbacher 2005 nach seinem Schulabschluss eine Bäckerlehre begann, der er 2008 eine Ausbildung zum Konditor folgen ließ. 2011 adelte Markus seinen Abschluss als Bäcker mit einem Meistertitel. Auch den Betriebswirt des Handwerks wusste er Ende des gleichen Jahres in der Tasche. Bestens ausgebildet kehrte Markus in die heimische Backstube an der Straße Sachsenhausen zurück.
Dort beginnt der Arbeitsalltag des heute 29-Jährigen um drei Uhr morgens mit der Fertigung herzhafter Brote und knuspriger Brötchen. „Wir haben ungefähr 15 Sorten Brötchen und 20 Sorten Brot im Sortiment“, verrät Markus. Saisonale Wechsel sind für ihn und sein gut 20-köpfiges Team selbstverständlich, ebenso wie die Tatsache, Trends aufzuspüren und diese einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Chia, ein echtes Trendkorn, wird mittlerweile in Goldbach zu leckeren Broten, aber auch Törtchen verbacken. Eine Wundersaat, die schon die Azteken verputzten und nun aus langer Vergessenheit zurückgefunden hat. Superfood, das nachgefragt wird und deshalb auch in Markus’ Bäckerei zu haben ist.
Dauerbrenner: Bauernbrot
„Kunden sind heutzutage viel bewusster im Hinblick auf ihre Ernährung“, erklärt der Jungunternehmer, der aber längst den nächsten Hype wittert: „Süßkartoffelbrot ist im Kommen!“ Ob die Batate ebenfalls zur Sortimentserweiterung im Hause Brückner beiträgt, wird sich zeigen. Eines wird ihr aber auch im Falle einer positiven Entscheidung nicht gelingen: Das Bauernbrot vom Thron zu stoßen. „Das ist unser Dauerbrenner“, erklärt der Firmeninhaber. Doch nicht nur für die kräftig gebackenen Laibe ist die Bäckerei bekannt, sondern auch für Nusszöpfe und sagenhaften Streuselkuchen. Und die nächsten unwiderstehlichen Sünden präsentieren sich auch schon in der Auslage: Mit seinem Pralinenprojekt „Brückner’s Feinste“ frönt Markus seiner Leidenschaft für kleinste Leckereien, wie Granatapfel-, Cassis- oder Nougat-Knusper-Trüffel. Während der Aschermittwoch gerade die Kreppel-Hochphase beendet und Markus die Produktion der süßen Krapfen deutlich zurückgefahren hat, schickt sich das nächste saisonale Angebot an, die Theke zu erobern: Da sich in wenigen Wochen das Auferstehungsfest ankündigt, stehen Osterbrot, Schoko- und Hefehasen auf dem Backplan, während Spezialbrote – „Ideal zum Grillen!“ –, Zwetschgenkuchen, Christstollen, Weihnachtsgebäck und Neujahrsbrezeln erst später im Jahr wieder das Angebot bereichern. Bis letzte wieder die Gaumen erfreuen können, ist hoffentlich auch eine große Hürde genommen: Die Straßensanierung im Goldbacher Ortskern wird noch im März beginnen, lediglich anlässlich des Festwochenendes zur 800-Jahr-Feier Mitte Juni pausieren und bestenfalls bis Oktober Eingang in die Geschichtsbücher gefunden haben. „Im Laufe der Arbeiten wird die Baustelle auch direkt vor die Geschäftsräume wandern“, erläutert Markus. „Wir hoffen, dass sich unsere Kunden verständnisvoll zeigen.“
Rollende Backwaren
Er selbst ist längst einen Schritt weiter: Produktions- und Kühlräumlichkeiten sollen erweitert und damit das Tagesgeschäft ausgebaut werden. Eine Verdopplung von momentan 100 auf zukünftig circa 200 Quadratmeter. Der Grundriss steht, mehr Arbeitsfläche rückt in greifbare Nähe. In Markus’ kühner Zukunftsmusik schwingt zudem auch die Anschaffung eines zweiten Verkaufswagens mit: 2014 initiierte er „Brückner’s Rollende Backwaren“, aus der Idee von Überlandfahrten kristallisierte sich der Frühstücksservice im Firmenbereich heraus. Von Montag bis Freitag werden nun um die 35 Adressen angefahren und die leckeren Waren feilgeboten. Eine Erweiterung um den Samstagmorgen ist bereits geplant, ein weiterer Wagen würde eine zweite Route zu weiteren hungrigen Arbeitnehmern ermöglichen. Doch Markus ist kein überstürzter Macher, sondern ein rationaler Planer. Gut Ding will nun mal Weile haben – auch in der Backstube, in der der Goldbacher 75–80 Stunden pro Woche verbringt. Seine Freizeit fokussiere sich momentan ausschließlich auf den Sonntag – „Selbst und ständig – klingt zwar abgedroschen, ist aber als Selbstständiger wirklich so!“
Auch wenn Markus mit wenig freier Zeit auskommen muss, schmälert dies nicht die Leidenschaft für seinen Beruf: Qualitativ hochwertige Backwaren zu fertigen und intensiv auf individuelle Kundenwünsche einzugehen sei sein Ziel, das Arbeiten im Team und „etwas Handwerkliches entstehen zu sehen“ bereite ihm besondere Freude. Vater Thomas Brückner kann also getrost seinen Ruhestand ins Auge fassen. Das Goldbacher Backhandwerk mit Tradition ist bei Markus in besten Händen – dem 120. Firmenjubiläum im Jahre 2016 werden noch viele weitere folgen.