©Dmitry Shakin
Juniorchefinnen Flic Flac
Sägemehl, Holzwagenkolonnen, Clownsgrimassen. Austauschbare Zirkusromantik? Fehlanzeige. Im Blut der Flic-Flac-Artisten fließt pures Adrenalin. Kühle Köpfe bei der talentierten Truppe, Nervenflattern auf den Rängen. Wer zartbesaitet ist, sollte die Mitnahme eines Thermobechers mit Beruhigungstee in Erwägung ziehen, wenn über 35 Künstler aus aller Welt eine Show unter schwarz-gelber Kuppel abliefern, die Attribute wie atemberaubend und spannungsgeladen neu definiert. Bevor das Bayrische Nizza auf dem Tourneeplan steht, haben die FRIZZen mit den Artistinnen und Juniorchefinnen Larissa Medved-Kastein (30, rechts) und Tatjana Kastein (25) geplaudert.
FRIZZ Das Magazin: Liebe Larissa, liebe Tatjana, ab 9.11. steht Aschaffenburg auf dem Flic-Flac-Tourneeplan. Ihr seid auch nicht zum ersten Mal in der Stadt. Gibt es mittlerweile Erinnerungen?
Larissa: Aschaffenburg ist eine richtig gute Flic-Flac-Stadt. Das Publikum ist sehr begeisterungsfähig!
Tatjana: Ja, wir sind gern hier. Deswegen kommen wir auch alle zwei Jahre mit einem neuen Programm wieder!
Eure neue Show trägt den Namen „Farblos“. Verratet ihr uns, weshalb?
L: Ein Titel, der neugierig machen soll. Ein bisschen provozieren, Spannung erzeugen. Doch die Show ist alles andere als farblos.
Auf welche neuen spektakulären Programmpunkte dürfen wir gespannt sein?
T: Die Sieben-Mann-Pyramide auf dem Hochseil lässt den Puls ebenso in die Höhe schnellen wie Alain Alegria auf seinem Washington-Trapez. Um nur zwei Beispiele zu nennen …
Darf man sich auch auf Klassiker wie das Todesrad oder den Globe of Speed, die Metallkugel mit lediglich sechseinhalb Metern Durchmesser, in der bis zu elf Motorradfahrer rasend für Thrill sorgen, freuen?
L: Vier athletische Kolumbianer rocken das Todesrad – als Eröffnungsact. Sie heizen dem Publikum von Anfang an richtig ein. Eine tolle Einstimmung auf ein rasantes Programm, das ohne Globe of Speed auskommt.
Eure neue Show soll nicht nur wie gewohnt adrenalingeladen und unkonventionell, sondern laut Ankündigung „durchaus auch schräg“ sein. Zu welchem Zeitpunkt wird es denn „schräg“?
L: Schräg wird es spätestens dann, wenn die Flic-Flac-Comedy ins Spiel kommt. Wie immer auf höchstem Niveau. Allerdings durchaus provokant, frech, hintergründig und ironisch.
Wie viele Personen reisen mit Flic Flac?
T: Um die hundert Menschen beschäftigt das Unternehmen auf der Tour. Über Weihnachten gut das Fünffache, denn dann finden in ausgewählten deutschen Städten die begehrten Flic-Flac-Weihnachtsshows statt. Alle mit einem anderen spektakulären Programm.
1989 gründete euer Vater, Benno Kastein, mit seinem Bruder den Circus. Ihr seid quasi in der Manege aufgewachsen – eine ziemlich idyllische Vorstellung. War es das?
L: Ein Leben im Wohnwagen, ständig unterwegs, umgeben von Menschen unterschiedlicher Nationalitäten: Wir können uns kein anderes vorstellen. Es ist das, was wir wollen. Das, was wir genießen. Aber idyllisch – im klassischen Sinn von Circusromantik? Nein. Es ist ein ganz normales Leben, es ist unser Leben.
Ein Leben beim, vom und mit dem Zirkus: War für euch beide immer klar, dass ihr in die Fußstapfen eurer Eltern treten möchtet?
T: Ja, das wollten wir beide. Wir hätten auch andere Wege einschlagen können. Unsere Eltern überließen uns die Entscheidung.
Ihr beide übernehmt mehr und mehr das Ruder des Familienunternehmens. Wie ist das Alltagsgeschäft unter euch beiden aufgeteilt?
L: Ich engagiere mich stark bei der Auswahl der Artisten, der Choreografie der Show und der Entwicklung neuer künstlerischer Konzepte.
T: Mein Part ist der kaufmännische. Die Buchhaltung, das Ticketing und die Verwaltungsabläufe im Tourbüro gehören dazu.
Inwieweit haben sich die Erwartungen des Publikums in den letzten 28 Jahren verändert? Ist es denn schwieriger geworden, Leute zu begeistern?
T: Wir stehen in großer Konkurrenz zu anderen Shows, actiongeladenen TV-Formaten, Youtube-Videos. Doch Flic Flac ist live und diese Besonderheit kommunizieren wir. Die Botschaft kommt an. Dank der ausgefeilten Programm-Mischung und der Kreativität, sich immer wieder neu zu erfinden.
Ihr seid selbst mit einer ordentlichen Portion Mut ausgestattete Akrobatinnen, habt euch aber in noch tollkühnere Zweiradartisten verliebt. Angst muss also auf gewisse Weise euer täglicher Mitbewohner sein. Wie geht man damit um?
L: Angst wäre auf Dauer ein schlechter Begleiter. Wir kennen das Risiko, haben großen Respekt davor und sind dankbar, gesund und glücklich zu sein. Und das mit wunderbaren Partnern und zwei hinreißenden Töchtern.
Freizeit ist in eurem Berufsfeld ein seltenes Gut. Falls ihr doch einmal Stunden nur für euch habt, dann …
T: … schauen wir uns die Gastspielstädte an, gehen shoppen, mit der Familie in den Park oder auch ins Kino!
Und was bedeutet schlussendlich Heimat für euch?
Beide: Heimat ist dort, wo das Flic-Flac-Zelt und der Wohnwagen stehen, wo die Familie zusammen aufwacht und einschläft.
Besten Dank für das Gespräch, wir freuen uns auf die Show!