KOMPONIST FEINSTER GESCHMACKSREIGEN
Aufregend. Tiefgründig. Erotisch. All das können Gewürze für Ingo Holland sein. Seine Auszeichnungen und die seiner Küche: Im November 2005 „Koch des Monats“ des Magazins „Der Feinschmecker“, ein Michelin-Stern und 18 Gault-Millau-Punkte 2007. Doch im gleichen Jahr entschied der heute 53-jährige Klingenberger, sich ausschließlich seiner Passion zu widmen: den Gewürzen und der Kreation außergewöhnlicher Mischungen.
Exotischer, verlockender Duft der großen, weiten Welt: Bei Ingo Holland treffen Vanilleschoten aus Tahiti auf den „Curry Dragon“, eine fruchtige, gleichwohl scharfe Currymischung. Österreichisches Bergkernsalz bittet tasmanischen Pfeffer zu einem anregenden Gewürztango. Und die „Mélange Noir“, eine Mischung aus drei verschiedenen schwarzen Pfeffersorten, lockt den Gaumen ebenso, wie die farbintensiven Safran-Fäden oder das tiefviolette Hibiskussalz. Gewürze sind Ingo Hollands Passion, sie erfordern für ihn „Hingabe mit allen Sinnen. Sie wollen entdeckt werden – mit Nase, Augen und Zunge.“ Mit schier unendlicher Kreativität kreiert der Gewürzmüller neue Rezepturen, die von Klingenberg aus wieder auf die Reise in die ganze Welt gehen und auf Genussfreunde in Feinkost- sowie Delikatessenläden und ihren Einsatz in der gehobenen Gastronomie warten. Seit 2007 widmet der Sternekoch sich nun ausschließlich seinem Gewürzamt, das gänzlich nach seinem Qualitätsstandard gegründet wurde und einige Zeit parallel zum Restaurant „Zum Alten Rentamt“ seinen Einsatz erforderte. Doch als es Zeit für eine Entscheidung wurde, zögerte Holland nicht lange – war das Aussuchen, Rösten, Mahlen und Mischen von Gewürzen doch stets seine große Leidenschaft gewesen.
Bio-Zertifizierung
Er zeigt sich überzeugt davon, dass Gewürze – gekonnt und dosiert eingesetzt – ein jedes Grundprodukt aufwerten und für Spannung und Geschmackserlebnisse der besonderen Art sorgen. „Gewürze sollten ein Gericht aber niemals dominieren oder dem Nahrungsmittel seinen Eigengeschmack nehmen“, erläutert er, denn nur dann sorgen jene für genussvolle Erlebnisse, stimulieren die Sinne und regen den Kreislauf an. Sie können sogar beruhigende Wirkung haben. Für den optimalen Genuss verwendet der Klingenberger für seine hochwertigen Gewürze nur Ingredienzien bester Güte, zudem auch in Bio-Qualität, da seine Manufaktur von der Öko-Kontrollstelle DE-003 Bio-zertifiziert wurde und damit autorisiert ist, biologische Gewürzmischungen herzustellen: „Soweit möglich werden also biologisch angebaute Gewürze bevorzugt.“ Ob biologisch oder nicht: An seiner feinen Nase kommt so schnell kein minderwertiges Produkt vorbei – kein Gewürz kommt ohne genaue Überprüfung ins Lager. Mittlerweile kauft der Gewürzmüller jedoch nicht mehr direkt bei den Erzeugern in aller Welt ein, sondern arbeitet mit Importeuren zusammen, „um so die Qualität noch besser kontrollieren zu können.“
Zusatzstoffe? Fehlanzeige!
Farb-, Aroma-, Konservierungs- oder sonstige Zusatzstoffe kommen Ingo Holland hingegen in kein einziges grünes Töpfchen. Jene ästhetische und funktionelle Verpackung mit hohem Wiedererkennungswert schützt optimal vor Licht und Nässe und bewährt sich seit langem – und garantiert so auch höchstmögliche Güte und Haltbarkeit der Gewürze und deren Mischungen. Über 80 Gewürze produziert er selbst – beim Pfeffer darf sich der Gaumen an ungefähr 25 verschiedenen Sorten erfreuen und stellt den Käufer nicht selten vor die Qual der Wahl … Allerdings werden – so Ingo Holland – in der heutigen Zeit Basisgewürze wie Salz und Pfeffer und die Qualität heimischer Produkte wie Kümmel, Thymian und Wacholder oft unterschätzt: „Keinem ist bewusst, wie viele Thymiansorten es eigentlich gibt.“ Curry und Chili seien hingegen „angesagte“ Gewürze und in den Köpfen vermeintlich kreativer Köche omnipräsent, „doch von Wacholder und Nelken haben viele leider keine Ahnung mehr“.
Saisonal bedingt seien natürlich Nelken, Zimt, Vanille, Lebkuchen- und Glühweingewürz stark gefragt. Hollands Allround-Kuchengewürz namens „Mysterium Libarius“ mit Kamilleblüten, Orangen- und Zitronenschalen, Zimtrinde, Tonkabohne, Vanille und anderen Ingredienzien erfreut sich hingegen zu jeder Jahreszeit großer Beliebtheit, wie auch die wohl ausgefallenste Mischung namens „Djah Oftadeh“, die aus Persien stammt und unter anderem Granatapfel, Felsenkirsche, Korianderkörner, Zimtblüte, Orangenschale und Safran enthält. Die Experimentierfreude des Gewürzmüllers zeigt sich beim „Kala Namak“, einem Salz aus Indien, das Schwefelverbindungen enthält, die für einen Geschmack sorgen, der an hart gekochte Eier erinnert – Ingo Holland schmunzelt: „Ziemlich praktisch, oder?“
Paradies für Genussfreunde
Probierfreudigen offeriert der Klingenberger nicht nur eingelegten malayischen Ingwer oder Vanille aus Tansania, Mexiko, Madagaskar oder Tahiti, sondern auch Vanille-, Rosenblüten- und Schokoladensalz. Auch die Wildkräuter-Mischung ist alles andere als alltäglich: Sie enthält nicht weniger als zwölf Zutaten, die zu einer harmonischen Komposition verschmelzen: Olivenblätter, Wildthymian, Sarriette, Fenchelsaat, Ysop, Oregano, Bärlauch, Sellerieblätter, Estragon, Kornblumen, Fenchelpollen und Veilchenblüten tummeln sich in den grünen Dosen. All jene Einzelgewürze, Gewürzmischungen, Chutneys und Pasten, Essigkreationen und Öle, die Ingo Holland in den verwunschenen Gässchen der Klingenberger Altstadt in seinem Gewürzamt anbietet, stellen für Besseresser ein wahres Paradies dar – hier können sich Genussfreunde noch darauf verlassen, konzentrierte Mischungen und keine stümperhaften Streckungen zu bekommen. Nur die seltene und fermentierte indische „Vadouvan“-Gewürzmischung stellt Ingo Holland nicht selbst her: „Mit der Fermentierung und Sonnentrocknung gestaltet es sich an diesem Ort etwas schwierig.“ Mittlerweile hat seine Manufaktur stolze 29 Mitarbeiter, die tagtäglich nur eine Mission haben: Für perfekte Gaumenerlebnisse zu sorgen – während Ingo Holland schon wieder daran arbeitet, neue und aufregende Geschmackswelten zu kreiern …