Foto: Robert Fietzek
BANDBESPRECHUNG 8|2012: TIGER VON ÄPPLERPUR
Ehrfurcht und Demut durchziehen diese Zeilen. Schließlich hat man es bei der Niederschrift über die kultigen Tiger von Äpplerpur mit gestandenen Männern und bekannten Aschaffenburger Musikern zu tun. Echte Ikonen, wie sie eine Stadt nur alle Schaltjahre hervorbringt. Daher lassen wir die staubige Chronologie einer standardisierten Bandbeschreibung einfach gleich sein. Zur Vollständigkeit sei noch erwähnt, dass sich die sagenumwobenen Tiger und ihr von Noisy Folk und Country durchzogener Rude-Cider-Rock an einem kalten Winterabend 2009 im Gully formiert haben. Mit dabei seit jeher: die Gebrüder Jens und Thomas Sauerwein, zuständig für Schlagzeug und Gitarre, sowie Karikaturist Robbi Fietzek für Licht- und Beamerspielereien.
Bariton-Sänger und Gitarrengott Thomas Sauerwein verrät Details zur Bandgründung: „Schlichtweg Selbsttherapie und Ausdruckstanz in einem. Außerdem tragen wir mit unserer Musik zur Entlastung der Krankenkassen durch die Anregung der Endorphinproduktion beim Zuhören und Zusehen bei.“ In der Tat schütten die Tiger bei ihren seltenen Auftritten Glückshormone aus, wenn sie mit ihrem Gute-Laune-Punk brillieren. Trotzdem outet sich jedes Trio-Mitglied als fauler Rockstar. Ob die langen Welttourneen damals in den 90ern mit Sauerwein und Band für die Wohlstandsresignation verantwortlich sind? Dabei würden sie doch so gerne: „Ja, vor allem wollen wir live spielen“, erklärt Sauerwein. „Nur der Weg dahin ist manchmal etwas kompliziert. Der Organisationskram fällt uns Hobbymusik-Provinznasen manchmal etwas schwer.“ Daher ist es für alle Leser dieser Zeilen äußerst wichtig, den Veranstalter seines Vertrauens zu kontaktieren und diese Jungs spielen zu lassen. Für ihr Seelenwohl und für das eigene. Sauerwein weiß: „Das Aschaffenburger Publikum gibt sich nicht mit einer schlichten Rock-Show zufrieden. Es ist offen und verwöhnt zugleich. Es macht vor allem erstmal seine eigene Show im Saal. Als Band muss man dann schon einiges bringen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.“
Von seinem Rockstar-Trauma hat sich Sauerwein übrigens nie erholt: „Während einer Zugabe habe ich im Rockstar-Klischee-Wahn – abgeschaut von den Stars des Rockpalastes der 80er –mein Plektrum in die Menge geworfen. Beim Abbauen tippte mir dann ein junger Herr auf die Schulter und sagte: ‚Du hast etwas verloren!‘ – und gab mir mein Plektrum zurück. Das war wohl das sicherste Zeichen dafür, dass man noch nicht oben angekommen war. Ich wollte ihm noch unsere Setlist aufzwingen, aber die wollte er auch ‚noch‘ nicht. Irgendwann behält vielleicht jemand mein Plektrum und fragt nach einer Setlist. Bis dahin werden wir weiterrocken.“