BANDBESPRECHUNG 11|2010: UNTERTAGEN
Aschaffenburg und seine Indierock-Bands. Die deutsche Sprache ist wieder sexy. V-Ausschnitt-Träger très chic. Während die einen Buben Geschichten aus dem Schlappegarten im positiven Soundgewand erzählen, huldigen Untertagen mit ihrer Musik den tiefen Gefühlswelten der Melancholie. Wobei man gleich zu Anfang klarstellen muss: es darf trotzdem getanzt werden.
Seit der Gründung 2006 entwickelt sich die Formation immer mehr zu einer eigenen Marke, die den Lokalbandstempel baldigst abschütteln will. Ein Touch Editors, maschineller Groove von Slut, Atmosphäre von Foals und diese markanten Gitarrenfiguren von Tomte sind das Rezept der sympathischen Band. Auch wenn sich Untertagen selbst partout nicht in die Deutschrock-Schublade stecken wollen. Handgemachte deutsche Musik mit schwelgerischen Texten haftet eben der ewige Hauch „Hamburger Schule“ an. Trotzdem schaffen die Jungs es aus dem Einheitsbrei herauszustechen, legen viel Wert auf multimediale Präsenz und professionelles Selbstmarketing. So ist – neben einer optisch-perfekten Aufmachung ihrer MySpace und Twitter-Seite sowie einem eigenen YouTube-Kanal – auch der weitere Schritt zum Vertrieb ihrer Songs über iTunes gegangen. Bisher nutzen diesen Service wenige Bands im semiprofessionellen Bereich. Für ein Label konnte sich das Vierergespann bisher aber noch nicht entscheiden.
„Klar wollen wir mit der Band einen gewissen Stellenwert erreichen. Doch wir machen uns selbst keinen Druck. Bisher läuft es sehr gut für uns“, erklärt Neu-Schlagzeuger und Ex-Mitglied der Fountains, Christopher Grund. Und tatsächlich: neben ihrer jüngst veröffentlichten ersten EP „In dieser Stadt“ und einer erfolgreichen Release-Party im Colos-Saal, geht auch die Qualifikationsrunde des Emerganza-Bandwettbewerbs bis zum Regio-Finale in der Frankfurter Batschkapp auf das Erfolgskonto der Vier. Des Weiteren waren sie die Gewinnerband des Votings für die Vita-Cola-Club-Tour, die sie noch bis Mitte November durch einige Clubs Deutschlands bringt. Ab diesem Monat kann man übrigens das atmosphärische Video zu ihrer ersten Single „In dieser Stadt“, das ein Wochenende lang in Berlin gedreht wurde, auf ihrer Homepage begutachten.
Die vier Jungs, allesamt in den blühenden Zwanzigern, wollen nach vorne und das mit musikalischer und textlicher Qualität. Sänger und Gitarrist Christian Reis schreibt ganz unpathetische Stücke, die niemals in den Kitsch abdriften und in der die Trauer auch mal mit einem Dur-Akkord erklingen darf. Ob es Untertagen bis über die Wolken und darüber hinaus schaffen, bleibt ihnen zu wünschen, denn Talent ist definitiv vorhanden. Herzblut fließt reichlich. Fakt ist: derzeit sind sie ausnahmslos Aschaffenburgs markanteste Indierock-Band mit einem unglaublich sicheren Gespür für gute Songs.